Siemens-Chef Joe Kaeser hat ein klares Bekenntnis zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmensführern abgegeben und für die Autobranche ein düsteres Bild gezeichnet. Man müsse sich gegen fremdenfeindliche Hetze stellen, erklärte Kaeser beim Sommerfest des Club Wirtschaftspresse München am Montagabend. Der Vorstandsvorsitzende von Siemens hatte sich im Mai bei Twitter an die AfD-Vorsitzende Alice Weidel gewendet, als diese im Bundestag mit ihrer Aussage zu „Kopftuchmädchen“ und „Messermännern“ provoziert hatte:
Lieber „Kopftuch-Mädel“ als „Bund Deutscher Mädel“.
Frau Weidel schadet mit ihrem Nationalismus dem Ansehen unseres Landes in der Welt. Da, wo die Haupt-Quelle des deutschen Wohlstands liegt. #Bundestag #Bundesregierung #steffenseibert— Joe Kaeser (@JoeKaeser) 16. Mai 2018
„Wir dürfen das Feld der Öffentlichkeit nicht populistischen und nationalistischen Kreisen überlassen“, sagte der Siemens-Chef. Kaeser zeigte allerdings auch Verständnis dafür, dass sich die Chefs vieler anderer großer deutscher Konzerne in der politischen Debatte zurückhalten. Siemens habe hier den Vorteil, wenig Geschäft mit Endkunden zu machen und daher nicht von emotionalen Entscheidungen der Kunden abhängig zu sein. Wer hingegen Autos oder Turnschuhe verkaufe, könne womöglich auf den Teil der Bevölkerung nicht verzichten, der AfD wählt oder mit ihr sympathisiert.
Wenig optimistisch blickte Kaeser auf die Zukunft der Autobranche. Heute sei ein Pkw nur zu acht Prozent ausgelastet, was ein Unternehmer bei einer Fabrik nicht akzeptieren würde.
Wenn es Carsharing-Anbietern gelänge, diesen Wert auf 16 Prozent zu verdoppeln, würde sich der Bedarf an Neuwagen halbieren, so Kaeser. Vielleicht liegt es auch an dieser skeptischen Haltung des Siemens-Chefs, dass der Münchner Technologiekonzern aus dem Gemeinschaftsunternehmen für die Elektromobilität mit Valeo zu einem noch nicht näher definierten Zeitpunkt aussteigen will.
Lesen Sie hierzu auch:
Derrick Zechmair: Interview mit dem Valeo-Deutschland-Chef zu den Plänen der Franzosen in Deutschland