Herr Felske, was bedeutet die Auszeichnung von BMW für Sie?
Dieser Award freut uns, weil die Procar-Gruppe im Wesentlichen aus insolventen oder fast insolventen Häusern zusammengekauft wurde. Da war die Sicht von außen am Anfang eher kritisch. Vor zwei Jahren fing es an, dass sich dies geändert hat. Das macht die Mannschaft schon ein Stück weit stolz und zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und da die Beziehung zu unserem Hersteller für uns ultimativ ausschlaggebend ist, ist dieser Preis von BMW nicht nur für den Moment gut, sondern auch für den Blick nach vorn. Er zeigt, dass man uns für den Wandel der nächsten zehn Jahre als wichtigen Player sieht.
Welche Weichen haben Sie bei Procar gestellt, um wieder erfolgreich zu sein?
Wir machen sehr viel für unser Personal, auf allen Hierarchieebenen. Man kann bei uns ein begleitendes Studium machen, das wir auch finanziell unterstützen. Wir haben massiv in die Ausbildung investiert. Bei Einzelgruppen wie Mechatronikern haben wir auch mal projekthaft investiert und 20 Personen auf einmal eingestellt. Wir haben den Begriff „Procarianer“ ins Leben gerufen. Wer bei Procar arbeitet ist ein Procarianer. Damit wollen wir den Geist der Firma vermitteln. Wir haben in Köln an der Berufsschule eine kaufmännische reine Procar-Klasse und haben schon 42 Mitarbeiter aus der ganz normalen Arbeitsebene zu Führungskräften entwickelt. Außerdem widmen wir uns stark dem Controlling. BMW bezeichnet uns als transparenteste Handelsgruppe im deutschen BMW-Netz.
Liegt das auch an den Publikationspflichten, die die Anleihe von Procar mit sich bringt?
Das liegt eher an mir, weil ich aus der Konzernstruktur komme und das Führen über Zahlen übernommen habe. Ich gehe weniger durch den Schauraum, um zu spüren und zu fühlen, wie die Mitarbeiter arbeiten. Ich beurteile sie sehr viel stärker anhand ihres Inputs und Outputs. Dafür muss man natürlich aktuelle und qualifizierte Zahlen haben. Wenn auch nur in zwei oder drei Filialen der Gebrauchtwagenbestand oder der Vorführwagenbestand aus dem Ruder läuft, sollte man das möglichst bald wissen und reagieren. Deswegen ist für uns Transparenz ein absolutes Muss.
Wie bringt sich Ihr Hauptanteilseigner Manor Automotive ins Geschäft ein??
Es ist sehr angenehm, dass die Familie Manor etwas vom Geschäft versteht und es kein Hedgefonds ist, den man erst mit dem Geschäft vertraut machen muss. Aber Manor handelt im Heimatmarkt Israel im Wesentlichen die Marken Citroen, Peugeot und Rover, da gibt es zu uns also schon einen großen Unterschied. Wir sehen uns etwa zehn Mal im Jahr persönlich und berichten über unsere Ergebnisse. So lange unsere Ergebnisse gut sind und immer besser werden, ist das eine äußert angenehme Zusammenarbeit.
Vor dem Einstieg bei Procar war Manor im deutschen Autohandel nicht aktiv. Wie kam der Kontakt zustande?
Da hat uns in der Tat der Zufall geholfen. Unser damaliger Eigentümer kannte jemanden, der einen kannte, der einen kannte. Da traf es sicher hervorragend, dass die Manor-Gruppe im automobilen Umfeld investiert, auch außerhalb Israels, wo sie nicht mehr ohne Weiteres wachsen können, weil sie schon eine marktrelevante Stellung haben.
Gehen Sie davon aus, dass Manor ein langfristiger Investor ist?
Ich gehe davon aus, dass uns die Familie Manor weiter begleiten wird. Das ist meine persönliche Meinung, die darin begründet ist, dass die Familie schon sehr viele langfristige Investments hat. Wenige Beteiligungen hat sie bisher wieder abgegeben, und nur im Falle eines Misserfolgs.
Sie haben im vergangenen Jahr in Leverkusen wieder einen Standort übernommen. Ein Einzelfall oder wird Procar künftig wieder verstärkt zukaufen?
Wenn man von BMW wieder als wachstumsfähig betrachtet wird, ist das so ziemlich die größte Adelung, die man bekommen kann. Der Standort Leverkusen passte zudem perfekt in unser Geschäftsgebiet. Wenn es darum geht, im regionalen Umfeld weiter zu expandieren, sind wir sehr interessiert. Einige interessante Regionen sind allerdings belegt. In Düsseldorf, Essen, Dortmund und Bonn hat BMW Niederlassungen. Es ist auch nicht schlimm, wenn wir nicht expandieren. Die nötige Größe für unsere Administration haben wir seit Jahren.
Im August 2016 haben Sie mit Autowert und MoveMe zwei neue Gesellschaften gegründet: Autowert für Gutachter-Dienstleistungen und MoveMe für die Fahrzeugvermietung. Wie entwickeln sich die beiden Gesellschaften? Sind sie profitabel?
Idealerweise sollen unsere Tochtergesellschaften schon Gewinn abwerfen. Mit Moveme wollen wir aber gar nicht groß ins Vermietgeschäft einsteigen. Das ist eine kleine Organisation, bei der wir uns nur intern bedienen. Eine Vermietung, die nur Procar und Procar-Kunden versorgt. Privatleute können dort nicht selbst ein Auto mieten. Wir machen darüber einen kleinen Teil der Werkstattersatzwagen. Aber MoveMe hilft uns auch im BMW-Preissystem. Wenn uns 20 Einheiten fehlen, können wir sie am 30. Dezember uns selbst verkaufen. Daher ist das eher agilitätsfördernd als ein Geschäftsmodell.
Autowert ist auch noch ganz klein, mit zwei Mitarbeitern im Jahr 2017. Das verdoppeln wir gerade, weil die Gutachter-Dienstleistungen ein schönes Geschäft sind.
Im Onlinehandel ist viel Bewegung, vor allem durch die neue VW-eigene Börse HeyCar. Ist Procar dort vertreten?
Wir schauen uns in diesem Umfeld alles an. Der Markt wächst rasant. Und eine Breite im Markt ist für uns wichtig, damit man das bestehende Duopol zumindest ein wenig aufweicht. Wir haben aber auch eigene Wege gefunden, hochwertige Leads zu generieren. Wir sind den Börsen wohlgesonnen und sie uns weitestgehend auch. Wir haben zu meinem Beginn an alle früher inhabergeführten BMW-Betriebe den Procar-Schriftzug gehängt, weil wir an allen Standorten die gleiche Qualität bieten wollen. Und der Name wirkt sich zunehmend wertsteigernd aus. Schlechte Qualität abzuliefern können wir uns nicht leisten, da wäre der Schaden viel zu groß. Die Bekanntheit unserer Marke wollen wir natürlich in Euro umsetzen. Wenn wir unsere Autos neben zigtausend andere in eine Börse setzen, geht uns das verloren.
Aber noch schauen Sie sich HeyCar nur an und sind nicht dort vertreten?
Das ist richtig. Bislang ist auch die Position von BMW zu Heycar unklar. Wir würden nicht von anderen Herstellern majorisierte Systeme ohne explizite Zustimmung der Herstellers nutzen. Wir wollen, dass der Hersteller zu uns außerordentlich loyal ist, und wir selbst spielen auch mit dem Hersteller, nicht gegen ihn.
Nutzen Sie auch die Angebote von Auto1?
Auto1 hat uns schon zwei, drei Mal besucht, wir kennen uns und sind in regem Austausch. Die eine oder andere Dienstleistung nutzen wir hin und wieder, aber eine intensive Geschäftsbeziehung gibt es nicht. So richtig begeistert sind wir nicht davon, weil wir den Business Case für uns nicht sehen. Wenn man die ohnehin niedrige Marge im Gebrauchtwagengeschäft sieht, wie soll dann in der Wertschöpfungskette ein zusätzlicher Dienstleister Geld verdienen und wo ist dabei der Mehrwert für mich?
Stichwort Dieselkrise: BMW gibt den Kunden ein Rücknahmeversprechen im Falle von Fahrverboten. Hilft Ihnen das?
Ich halte das Diesel-Thema für übersteigert diskutiert. Wir kommen an einem effizienten Diesel auf absehbare Zeit nicht vorbei. Die großen SUV als Benziner mit einem Verbrauch von 12 oder 13 Litern fahren zu lassen, daran glaube ich nicht. Und wenn man in Länder mit Diesel-Fahrverbot schaut, geht es dabei meist um Autos unter der Norm Euro-4, was überhaupt nicht unser Markt ist, nicht mal als Gebrauchte. Und ich bin überzeugt, dass die Euro-6-Fahrzeuge noch lange eine Berechtigung haben werden. Und dank dem Partikelfilter bei den Benzinern sind wir bei den Schadstoffwerten so weit runtergekommen, dass sich irgendwann die Diskussion um andere Schadstoffemittenten nicht mehr vermeiden lässt.
Wenn ich heute sehe, dass Hausbrand und Schiffsverkehr teilweise ein Vielfaches dessen in die Städte eintragen, was vom Auto kommt, dann muss man das irgendwann zur Kenntnis nehmen. Dann ist zwar das Auto noch immer kein Saubermann und völlig emissionsfrei. Aber die Diskussion alleine am Auto festzumachen wird zunehmend sinnfrei. Irgendwann muss es auch bis zum Stammtisch vordringen, dass das nicht mehr die nötige Diskussion ist. Ich glaube nicht, dass ein Euro-6-Diesel ein Fahrverbot bekommen wird. Insofern bräuchte ich persönlich heute kein EU-6-Fahrverbots-Rücknahmeversprechen. Aber es ist ein Versprechen, das allen hilft und keinem schadet, weil es idealerweise nicht relevant wird. Dann kostet es auch nichts, sagt unsere Kunden aber, dass wir als Fachleute davon überzeugt sind, dass man mit dem Auto kein Risiko eingeht.
Den Handel treffen auch die Veränderungen durch die E-Mobilität, im Service fällt Geschäft weg. Wie bereiten Sie sich auf diese Entwicklung vor?
Wir müssen uns zunächst darauf vorbereiten, die Fahrzeuge warten zu können. Das ist für uns eine Herausforderung in der Ausbildung, der Ausstattung der Betriebe. Es braucht auch einen Einstellungswandel unserer Leute. Daran arbeiten wir gerade. Die disruptive Seite tritt erst ein, wenn der Fuhrpark auf der Straße wächst. In den nächsten Jahren werden wir noch überwiegend Verbrenner warten. Fakt ist: Alle Technik in diesen Autos wird sehr exklusiv wartbar sein. Für freie Werkstätten stelle ich mir das Einmessen und Warten von Assistenzsystemen wie Lane assist oder Side assist sehr schwierig vor. Natürlich wird der Austausch von Motorenöl und Bremsbelägen zurückgehen. Darauf müssen wir uns noch rechtzeitig vorbereiten. Wenn die Umsätze ausbleiben, muss man Kosten rausnehmen.
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