Die neuen Pläne für Elektro-Kombis

Getränkekisten und Einkäufe verladen, alles für zwei Wochen Sommerurlaub mühelos im Heck verstauen – Kombis sind seit Jahrzehnten in Deutschland als Alleskönner beliebt. Doch das Marktsegment ist im jetzt anbrechenden Elektrozeitalter immer kleiner geworden. 

Einzig die Chinesen von MG haben mit dem MG4 aktuell einen Stromer mit hohem Kofferraumvolumen im Sortiment. Grund ist, dass Kombis nur in Westeuropa nachgefragt sind, während sich SUVs auf allen Märkten verkaufen lassen. Außerdem sind Batterien in einem hohen SUV leichter im Chassis zu platzieren und ermöglichen dort eine deutlich effizientere Raumausnutzung.

Diesem Markttrend entgegen bringt Nio zum Jahresende eine Kombi-Version seiner Elek­tro­limousine ET5 und belebt den Wettbewerb bei den zuladungsstarken Limousinen neu. Deutschland-Chef Ralph Kranz sagte der Automobilwoche: „Wir haben uns den Markt angeguckt und sehen den Bedarf. Wir glauben an den Kombi, und dann sind wir auch konsequent in unseren Entscheidungen.“

Es ist der Anfang einer möglichen Trendwende. Auch Opel (Astra Electric Sports Tourer) und Peugeot (e-308) legen bereits elektrische Kombis auf, BMW (i5 Touring) und Volkswagen (ID.7 Variant) planen im kommenden Jahr mit ersten Kombis.

Dann soll auch Audis Aushängeschild, der erste elektrische A6, als Kombi an den Start gehen. Audi-Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann sagt der Automobilwoche: „Ein ­unverwechselbarer Avant gehört für uns bei Audi auch in der rein elektrischen Zukunft einfach ­dazu. Bereits 2024 wird das Serienmodell bei unseren Kundinnen und Kunden sein.“

Hoffmann weiter: "Basierend auf unserer neuen PPE-Plattform, wird dieses dann neben einem Avant typisch hohen Nutzwert vor allem dynamische Fahreigenschaften, leistungsstarke 800-Volt-Technik, 270 kW Ladeleistung und eine WLTP-Reichweite von bis zu 700 Kilometern bieten."

In Stuttgart entschied man sich anders. Mercedes-Benz legt mit dem gerade erschienen T-Modell der neuen E-Klasse vorerst letztmalig einen Kombi auf. Bei den Stromern befindet sich ein ­Fahrzeug im C-Klasse-Segment zumindest in der Entwicklung. Ein konkreter Marktstart ist noch offen.

Auch Volkswagens aufstre­bende spanische Premiummarke Cupra hat mit dem Leon Sports­tourer einen Verbrenner-Kombi im Portfolio, aber noch keine Elektro-Version im Angebot. Die neue Premiummarke setzt bisher auf elektrische SUVs. Entwicklungsvorstand Werner Tietz sagt der Automobilwoche jetzt allerdings: „Der Kombi lebt weiter – auch bei Cupra. Wie ein Kombi-Design in der Elektrowelt aussehen kann, werden wir zu ­einem späteren Zeitpunkt zeigen. Die Relevanz ist in einigen wichtigen Märkten absolut gegeben.“

Doch der Kombi bleibt nur eine Facette von Cupras zukünftigem Modellportfolio. Werner Tietz: "Darüber hinaus werden wir im kommenden Jahr mit dem vollelektrischen SUV-Coupé Cupra Tavascan und dem als Verbrenner und PHEV geplanten Performance-SUV Cupra Terramar, sowie mit dem vollelektrischen kompakten Cupra Raval, im Jahr 2025 drei weitere neue Modelle auf den Markt bringen."

Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler rechnet dennoch nicht mit einer Renaissance der praktischen Lademeister: „Ich denke, dass der Anteil an verkauften Kombis auf dem Neuwagenmarkt in Westeuropa perspektivisch noch weiter sinken wird. SUVs haben sich als beliebtere Alternative auf dem Markt etabliert, bei Elektrofahrzeugen ist der Anteil an SUVs ohnehin noch mal höher als bei Verbrennern. Der Absatz von Kombis wird nicht ganz auf null zurückgehen, aber erst einmal dürfte der Trend beim Absatz von Kombis in den kommenden Jahren weiter rückläufig sein.“ Bereits in den vergangenen zehn Jahren stieg das SUV-Segment allein in Deutschland um 21 Prozent an, während das der Mittelklasselimousinen laut Daten des Kraftfahrt-Bundesamts um 4,1 Prozent rückläufig war.

Die Chinesen von Nio wollen diesen Trend durchbrechen, um ihre Absätze anzukurbeln. Die Entscheidung, in Europa überhaupt einen neuen Elektro-Kombi anzubieten, traf dabei Firmenchef William Li persönlich. Dem Vernehmen nach entdeckte der CEO des Unternehmens die ersten Designskizzen eines ET5-Kombis bei einem Besuch im Designstudio in München, obwohl sie ihm gar nicht vorgelegt werden sollten. Doch Li war interessiert und ordnete daraufhin eine Entwicklung des Modells an.

Aus dem Datencenter:

Entwicklung der reinen Elektroautos in Deutschland bis Mai 2023