Welche Anwendungsszenarien sehen Sie für die Festkörperbatterie in den ersten Jahren ihrer Verfügbarkeit?
Das haben wir noch nicht festgelegt. Es könnte auch durchaus sein, dass sie zunächst einmal in Hybridfahrzeugen eingesetzt wird -oder gleichzeitig in BEVs und Hybriden. Das ist beides möglich, je nachdem, wie letztlich die Produktionstechnik dazu aussieht. Denn in der Fertigung bedeutet die Festkörperbatterie noch sehr viel Neuland. Wir müssen auch noch herausfinden, ist das eher eine Power-Batterie oder eine Batterie mit sehr hoher Energiedichte und somit eine Reichweiten-Batterie?
Ihre Forschung an der Festkörperbatterie ist also noch nicht abgeschlossen? Diesen Eindruck vermittelte Toyota doch bisher der Öffentlichkeit.
Wir sind mit der Forschung durch, und zwar weil wir eines der Hauptprobleme dieser Batterie gelöst haben: das Problem der Dauerhaltbarkeit. Das Problem dieser Batterie ist ihre Veränderung im Temperaturverlauf, anders als eine Batterie mit flüssigen Elektrolyten. Bei festen Elektrolyten darf es keinen Riss durch Temperaturschwankungen geben, sonst bricht die Leistung der Zelle ein. Das führt dann zu einem Verlust der Dauerhaltbarkeit.
Wo liegt nun der technische Kniff, um diese Temperatur-Anfälligkeit der Festkörperbatterie zu minimieren?
Das war keine Sache, die man über Nacht entwickelt. Wir haben herausgefunden, dass Schwefel Flexibilität in die Chemie reinbringt und zugleich gute Bindungseigenschaften. Durch diese Flexibilität sind Temperaturschwankungen nicht mehr so kritisch. Durch eine gute Verbindung zwischen Anoden-und Kathodenmaterial wird dies zusätzlich unterstützt. Da hat die Materialforschung maßgeblich geholfen. Dieses Problem ist also gelöst.
Wenn etwas im Labor funktioniert, hat man aber noch kein verkäufliches Serienprodukt.
Absolut, deshalb geht es jetzt um eine effiziente Produktionstechnik. Deswegen haben wir eine Pilotproduktion gestartet für die Herstellung von Prototypen. Wir denken, bis 2027 oder 2028 auf dieser Basis eine Kleinserie herstellen zu können. Bis zur Massenproduktion wird es dann aber auch noch dauern. Ein Punkt ist dabei, dass Sie bei einer Serienfertigung immer wesentlich größere Toleranzen haben als im Labor. Kurz, es ist noch viel Arbeit zu leisten, aber wir sehen das Licht am Ende des Tunnels.
Nun steht Toyota im Rennen um eine robuste Festkörperbatterie nicht allein. Sehen Sie Toyota dabei als führend an oder zumindest auf den vorderen Rängen?
Ich denke schon, dass wir zu den Führenden zählen - wobei ich einräumen muss, dass ich nicht den Status aller Vorhaben auf der Welt genau kenne. Es gibt sicherlich auch andere Unternehmen, die sehr weit sind, aber wir haben bei Toyota besondere Anforderungen an eine solche Batterie. Die Qualität und die Dauerhaltbarkeit für das ganze Fahrzeugleben haben höchste Priorität.
Sprechen wir noch über die Massenproduktion von Batterien. Sie sind seit zwei Jahren auch für den Einkauf in Europa zuständig. Wird Toyota in Europa mit der zunehmenden BEV-Flotte nicht irgendwann auch Batterien made in Europe verbauen müssen?
Wir produzieren immer für lokale Märkte und kaufen lokal ein. Auch der Batteriepack für den neuen Toyota C-HR Plug-in-Hybrid wird in unserem eigenen Werk in der Türkei gefertigt, wenn auch die Module noch aus Asien kommen. Wie diese Landschaft in vier oder fünf Jahren aussieht, hängt von vielen Faktoren ab, von der Zahl der Elektroauto-Käufer natürlich, aber auch von der Regulierung, von Rohstoff-und Energiepreisen. Daher kann ich dazu keine abschließende Antwort geben.
Die Frage nach einer europäischen Produktion stellt sich für Toyota auch beim Thema Brennstoffzelle, schließlich haben Sie ehrgeizige Ziele beim Wasserstoff-Fahrzeug, insbesondere im Nutzfahrzeugbereich. Denken Sie schon an eine Fertigung in Europa?
Bislang kommen ja alle Zellen noch aus Japan. Diese Frage stellt sich aktuell noch nicht. Eine europäische Fertigung hängt von einem Mindestvolumen ab. Das liegt grob gesagt bei mehreren 10.000 Einheiten jährlich - und da sind wir noch lange nicht. Derzeit produzieren wir ja schon einige Brennstoffzellen-Systeme hier in der Nähe von Brüssel. Das sind komplette Module aus Brennstoffzelle, Kompressor, Leistungselektronik in einer kompakten Einheit. Die Stückzahlen sind allerdings noch überschaubar. Wenn es mehr Kunden für die unterschiedlichen Brennstoffzellen-Anwendungen gibt, werden wir schauen, wie und wo wir die Systeme produzieren. Wir sehen zum Beispiel eine Anwendung mit Volumenpotenzial in Stromgeneratoren, die die bislang noch vielfach eingesetzten Dieselaggregate ersetzen könnten.
Das Interview führte Michael Knauer.
Aus dem Datencenter:
Modellvorschau Toyota 2024 bis 2027