"Ich verteufele Autos keineswegs"

Sie ist bekennende Bahnfahrerin und hat privat nicht einmal ein Auto. Doch jetzt bestimmt Julia Willie Hamburg die Linie von Europas größtem Autobauer Volkswagen mit: Nach dem Wechsel zu Rot-Grün in Hannover zog die grüne Spitzenfrau in den VW-Aufsichtsrat ein, als erste Grüne überhaupt. Und erntete prompt heftige Kritik.

Die Deutsche Schutzvereinigung  für Wertpapierbesitz drohte sogar, gegen ihre Berufung zu klagen. Als "Autohasserin" und Frau ohne Berufsabschluss sei sie schlicht ungeeignet für den Posten, so DSW-Chef Ulrich Hocker.

Hamburg selbst hat dazu lange geschwiegen. Jetzt nahm sie erstmals Stellung und wies die Vorwürfe entschieden zurück. "Politikerinnen und Politiker sind ja nicht ohne Grund in dieser Verantwortung gelandet", sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Bei den Vorwürfen schwingt ja immer mit, dass man nichts könne. Das ist mitnichten der Fall.“ Hamburg hatte ab 2004 Politologie studiert, das Studium dann aber nach dem Wechsel in die Politik ohne Abschluss abgebrochen.

Zugleich machte die bekennende Radfahrerin deutlich: "Ich verteufele Autos ja auch keineswegs und habe auch einen Führerschein", sagte sie. Und ihrer neuen Funktion als Kultusministerin nutze sie auch das Auto. "Bei der Schlagzahl an Terminen nutze ich natürlich auch den Dienstwagen." Zu ihrer ersten Aufsichtsratssitzung in Wolfsburg etwa hatte sie sich standesgemäß im landeseigenen Pkw vorfahren lassen. "Aber wann immer es möglich ist, schwinge ich mich lieber aufs Fahrrad als ins Auto."

Hamburg hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, dass sie sich im VW-Aufsichtsrat für mehr E-Autos und Mobilitätsangebote abseits des klassischen Indiviudualverkehrs einsetzen wolle. Punkte, die auch in der aktuellen Konzernstrategie der Wolfsburger stehen. Vom öffentlichen Gegenwind will sich Hamburg nicht ausbremsen lassen. "Ich mache weiter", stellte sie selbstbewusst klar. "Es ist das Wesen von Politik, dass einem der Wind auch mal entgegenbläst. Das gehört dazu, auch wenn es nicht immer erfreulich ist."

Es ist das erste Mal, dass die Grünen im VW-Kontrollgremium mitbestimmen, in dem das Land als zweitgrößter VW-Anteilseigner stets mit zwei Sitzen vertreten ist. Bei den bisher zwei rot-grünen Landesregierungen in Niedersachsen – 1990 bis 1994 unter Gerhard Schröder und 2013 bis 2017 unter Weil – hatte die SPD aber noch durchgesetzt, dass beide Landessitze an Sozialdemokraten gehen. Hamburg machte dagegen schon im Wahlkampf deutlich, dass man dieses Mal nicht verzichten wird.

Aus dem Datencenter:

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