Das Augsburger Unternehmen Quantron sorgt in der Branche mit Lösungen für Wasserstoff-Nutzfahrzeuge für Aufsehen. CEO Michael Perschke im Automobilwoche-Exklusivinterview.
AUTOMOBILWOCHE: Herr Perschke, ist Quantron noch Start-up, eher ein Mittelständler, oder schon Big Player bei den Nutzfahrzeugen?
Michael Perschke: Wir stehen vielleicht eine Stufe über einem Start-up, also ein Scale-up. Beim Begriff Start-up denken viele an „Jugend forscht“ und Powerpoint-Präsentationen. Das sind wir definitiv nicht. Wir haben inzwischen deutlich mehr Erfahrung und echte Produkte auf der Straße. Wir sind regional auf einzelnen Märkten richtig gut aufgestellt, haben ein Kern-Produktportfolio und stehen jetzt vor dem nächsten Durchbruch.
Woran machen Sie das fest?
Das Wettbewerbsumfeld hat sich geändert, das ist positiv für uns als Wasserstoff-Nutzfahrzeuganbieter. Der ein oder andere Wettbewerber ist nicht mehr dabei, wenn es um die Frage nach wirklich grüner Logistik geht. Nikola hat sich zurückgezogen, Iveco unterzieht sein Angebot einem Redesign. Beide sind aktuell nicht aktiv im Markt. Wir haben also beste Voraussetzungen in Europa, jetzt müssen wir die Skalierung hinkriegen.
Sie wachsen aktuell im Rekordtempo. Kürzlich haben Sie ein erstes Joint Venture mit einem indischen Unternehmen gegründet. Besteht nicht die Gefahr, dass es gerade zu schnell geht?
Ich war lange in Indien und habe die Fehler der großen Automobilhersteller in Indien teilweise live miterlebt. Aber ich kann Sie beruhigen, in Indien werden wir keine Fahrzeuge bauen. Das ist für uns eine reine Entwicklungspartnerschaft, in der es um das Rapid Prototyping von Software und die Software-Entwicklung gehen wird. Europa bleibt unser Kernthema, hier agieren wir aus einer Position der Stärke heraus, auch weil uns die Förderung in Deutschland sehr hilft. Sie sorgt für das Grundrauschen in den Auftragsbüchern. Die anderen europäischen Märkte werden wir dann Stück für Stück nachziehen. Das Thema Wasserstoff in der Transportwirtschaft ist jetzt da, darauf müssen und werden wir uns fokussieren.
Sie haben aber auch Aufträge aus den USA, liefern Elektro-LKW nach Saudi-Arabien…
Ich vergleiche das mal mit dem Fußball: Wenn Sie Bayerns Trainer Thomas Tuchel viel Geld zur Verfügung stellen, gewinnt er damit noch nicht automatisch die Champions League. Dafür muss trainiert werden. Für uns geht es erstmal darum, Standardsituationen zu trainieren. Für unsere Firma heißt das: Fokus auf den Kernmarkt in Europa, die Produktion, die Qualität, das Aftersales-Geschäft. Keine Träumereien von späteren Erfolgen. Das machen wir derzeit gut – aber wir müssen weiter die Balance halten.
Vor kurzem haben Sie eine weitere Finanzierungsrunde angestoßen. Arbeitet Quantron profitabel?
Wir sind auf Gesamtunternehmensebene noch nicht profitabel. Wir sind es aber mit unserem Retrofitting. Wenn man die Umrüstung von Bestandsfahrzeugen auf batterieelektrische oder Brennstoffzellen-Antriebe in eine eigene GmbH separieren würde, wäre diese profitabel. Aber wir sind eine Produktentwicklungsfirma und haben noch keine Skaleneffekte. Elon Musk hat 15 Jahre gebraucht, bis Tesla wirklich profitabel war. Wir planen mit einem positiven EBITDA für 2025. Das ist aus unserer Sicht relativ schnell. Bei Rivian heißt es aktuell, sie wissen nicht, ob sie jemals profitabel sind. Da ist unser Ansatz dann schon eher schwäbisch-deutsch (lacht).