Standing Ovations für den neuen VW-Chef Blume

Einen solchen Einstand hätte sich Oliver Blume selbst nicht träumen lassen. Gleich an seinem ersten Tag als VW-Konzernchef hatte er 350 Manager aus aller Welt zur Führungskräftetagung zusammengerufen. Und wurde in Lissabon dann begeistert empfangen. Immer wieder gab es Applaus, am Ende standen alle im Saal auf und gaben standig ovations. "Das habe ich bei so einer Veranstaltung noch nie erlebt", sagte einer der Anwesenden.

Schon gar nicht bei seinem Vorgänger Herbert Diess. Statt wie Diess die Zuhörer  mit Horrorszenarien und ständigen Tesla-Vergleichen zu nerven und für Fehler zu rügen, appellierte Blume an Teamgeist und Leidenschaft für die Sache. Und präsentierte dann sein Zehn-Punkte-Programm für den Neustart: Die strauchelnde Software-Tochter Cariad ist natürlich mit dabei, das schwächelnde China-Geschäft und Nordamerika, das Blume gern zur dritten Säule neben Europa und China ausbauen will.

Zugleich will Blume den Marken mehr Freiheiten geben. "Die Marken bekommen mehr unternehmerische Verantwortung", kündigte Blume an und warf sich auf der Bühne demonstrativ mit Audi-Chef Markus Duesmann gegenseitig den Ball zu. "Der Konzern definiert die Ziele, setzt die Leitplanken für die operative Umsetzung und liefert Synergien bei den Plattformen und Technologien", so Blume. "Die Markengruppen übernehmen im Innenverhältnis die Reduzierung der Steuerungskomplexität."

Im Gegenzug wird der Konzernvorstand verkleinert und entschlackt. So muss sich Audi-Chef Duesmann nun nicht mehr zusätzlich um Forschung und Entwicklung im Gesamtkonzern kümmern. Und er sei über den Kompetenzverlust alles andere als traurig. "Er freut sich darüber", hieß es in seinem Umfeld. Schließlich habe er mit Audi und der gesamten Premium-Markengruppe inklusive Bentley und Lamborghini genug zu tun.

Blume setzt vor allem darauf, konkrete Probleme zu lösen statt immer neue Visionen zu entwickeln. Und drückt vom ersten Tag an aufs Tempo. Strategisch habe sein Vorgänger Herbert Diess Volkswagen richtig aufgestellt. "Jetzt müssen wir liefern." Und das gelinge nur gemeinsam.  "Erfolg ist immer die Leistung einer starken Mannschaft“, betonte Blume. "Für mich stehen Teamwork, Fokus und Umsetzung im Vordergrund."

Im Konzern kommt das gut an. "Das ist ein Kulturwandel", sagt einer der Teilnehmer in Lissabon. "Und der ist dringend überfällig." Im gesamten Konzern verbreite Blume gerade eine enorme Aufbruchsstimmung - und kommt auch bei der Belegschaft gut an. "In Wolfsburg sagen alle nur Oli", berichtet ein Mitarbeiter im Stammwerk. Bei seinem Vorgänger sei dagegen stets von "Herrn Dr. Diess" die Rede gewesen.

Und Herbert Diess selbst? Der war in Lissabon gar nicht mehr mit dabei. Tags zuvor hatte er sich per Videobotschaft verabschiedet. Und wirkte dabei alles andere als geknickt. "Das ist wirklich mein Wunschnachfolger", sagte er über Blume. Er sei zuversichtlich, dass Blume die von ihm eingeschlagene Strategie fortsetzen werde. Und fügte dann ungewohnt selbstkritisch hinzu: "Vielleicht noch schneller. Mit mehr Dynamik und mehr Teamwork."

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