Neue Kampfpreise von Tesla

Der US-Elektroautobauer Tesla hat bereits zum zweiten Mal in drei Monaten seine Preise deutlich gesenkt. Die höher-preisigen Model S und X wurden in den USA im Grundpreis um jeweils 5000 Dollar reduziert, Model 3 und Model Y um 1000 beziehungsweise 2000 Dollar. Jetzt in der Nacht zu Freitag folgten dann deutliche Rabatte in Deutschland für Model 3 (Grundpreis um bis zu 6000 Euro gesenkt) und Model Y (Grundpreis um 4000 Euro gesenkt). Bereits im Januar hatte der Elektroautopionier seine vier verfügbaren Fahrzeuge teilweise um bis zu 20 Prozent reduziert. Der Schritt solle die Nachfrage ankurbeln, erklärte CEO Elon Musk. 

In der Branche wird die Preispolitik des Elektro-Marktführers aufmerksam verfolgt. Peter Nagel, Automobilexperte bei anp Management Consulting, sagt: „Tesla geht diesen Schritt, weil sie es können. Mit einer Marge von im Schnitt knapp über 9000 Euro pro Fahrzeug liegt Tesla branchenweit ganz vorne. Deswegen ist so ein Rabatt aktuell nicht dramatisch, denn die Profitabilität jedes einzelnen BEVs bleibt beeindruckend hoch.“ Der Tesla-Kenner hebt auch die gestiegenen Fertigungskapazitäten des Unternehmens hervor: "Tesla fährt derzeit überall seine Produktionskapazitäten hoch. Um den Absatz zu pushen und die internen Absatzziele zu erreichen, sind diese neuen Rabatte nachvollziehbar."

Die Konkurrenz reagiert bislang kaum auf Teslas Kampfan­sage. Einzig Ford senkte im Januar als Reaktion den Grundpreis für den Mustang Mach-E um 6000 Dollar. Die Zurückhaltung könnte sich bald ändern. Experte Nagel: „Es wird ein wenig dauern, aber der ein oder andere wird darauf reagieren müssen. Die Konkurrenz wird gegebenenfalls mit indirekten Preisanpassungen antworten." Hintergrund ist der Kampf um den Kunden. "Jeder OEM muss sich Marktanteile sichern, denn Zeit ist ein kritischer Erfolgsfaktor bei der Gewinnung von Neukunden", sagt Peter Nagel.

Bei BMW gibt man sich noch nicht beunruhigt. „Wir vertrauen auf die ­Attraktivität unserer Produkte und treffen Geschäftsentscheidungen unabhängig“, teilt der Premiumhersteller der Automobilwoche mit. Die Strategie in München ist eine andere: "Als Premiumhersteller verfolgen wir eine strategische Preispositionierung, die unseren Kunden Sicherheit und Verlässlichkeit bietet. Wir überprüfen unsere Preissetzung regelmäßig und beobachten den Markt – auf Basis etablierter Methoden und Prozesse."

Hinter der neuerlichen Preissenkung von Tesla steckt aber auch ein akutes Problem: Die Modellpalette wird immer älter. Analyst Matthias Schmidt von Schmidt Automo­tive Research sagt: „Die jetzt im Preis gesenkten Model X und Model S sollten im Normalfall Teslas profitabelsten Modelle sein, aber sie sind bereits seit fast zehn Jahren auf dem Markt, und die Konkurrenz ist inzwischen viel größer. Das zeigt sich auch bei den Absätzen, wo Mercedes allein mit dem EQS und dem EQS SUV im ersten Quartal 2023 mehr als doppelt so viele Fahrzeugzulassungen hat wie Tesla mit seinem Model S.“

Der Analyst hebt zudem hervor: "Mercedes hat weltweit im ersten Quartal mit 9400 Fahrzeugen fast so viele EQE verkauft, wie Tesla mit dem Model S und Model X zusammen. Das waren 10.695 Stück. Mercedes frisst diese Modelle inzwischen mit seinen Angeboten auf. Mit dem EQE SUV und zusätzlich den Derivaten des EQS wird alleine Mercedes vermutlich schon im zweiten Quartal doppelt so viele Fahrzeuge absetzen, wie Tesla mit den beiden Modellen S und X." Das ist auch in der Tesla-Zentrale in Austin nicht unbemerkt geblieben.

Bis volumenstarke Nachfolger kommen, könnte Tesla die Preise also sogar noch weiter senken. Und darauf dürfte der Markt reagieren. "Durch den Marktführer Tesla wurde ein weltweiter Preiskampf ausgelöst, der längerfristig zu niedrigeren Einstiegspreisen führen wird. Hersteller müssen künftig noch viel stärker Einsparpotenziale bei Elektromodellen identifizieren", sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach. Experte ­Nagel stimmt zu: „Gerade bestehende Modelle von Herstellern, die mit Tesla in Konkurrenz stehen, könnten für Kunden günstiger werden." Treibt Tesla den aktuellen Preiskampf also immer weiter? anp-Experte Peter Nagel sagt: "Bei Elon Musk muss man mit allem rechnen. Ich würde es nicht ausschließen.“ 

Aus dem Datencenter:

Wer liefert was für das Tesla Model Y (2021)?