Warum Thomas Schäfer den Gürtel enger schnallt

Der Kostendruck bei Volkswagens wichtigster Marke Volkswagen Pkw steigt. Anfang dieser Woche verkündete Markenchef Thomas Schäfer in einer Management-Information einen Ausgabenstopp bis vorerst zum Ende diesen Jahres. Damit sollen sofort Einsparpotenziale gehoben werden, die bereits vor der Verabschiedung des "Accelerate Forward"-Programms im Herbst diesen Jahres greifen. Mit "Accelerate Forward" will Volkswagen bis 2026 eine Umsatzrendite von 6,5 Prozent erreichen. Aktuell liegt die Kernmarke bei rund drei Prozent.

Die Probleme bei Volkswagen Pkw sind vielschichtig. Und die Lage ist so ernst, dass Thomas Schäfer im Rahmen einer Management-Information seinen Top-Mitarbeitern eine deutliche Ansage mit auf den Weg gab. Das Manager Magazin zitiert aus Schäfers Aussagen. Demnach sagte er: "Der Dachstuhl brennt. Dies ist der letzte Weckruf." Schäfers Finanzchef Patrik Mayer soll in der Runde sogar gesagt haben: "Unser Fahrzeuggeschäft ist krank."

Größte Herausforderung für die Kernmarke im VW-Konzern ist die schwierige Auftragslage. Während die Neuzulassungen bei Elektrofahrzeugen unverändert boomen, basieren sie aber doch in erster Linie aus noch 2022 oder teilweise 2021 geschriebenen Aufträgen. Bei Neuabsätzen hingegen begegnet der gesamten Branche eine immer größer werdende Elektroskepsis. Das schlägt nicht nur, aber vor allem bei Volkswagen voll durch. Vereinfacht gesagt: Das Volk greift nicht zu den elektrischen Wagen von Volkswagen.

Vor zwei Wochen wurde die Produktion des ID.4 und ID.7 im Werk in Emden heruntergefahren, dazu noch Schichten gestrichen. Grund war die geringe Nachfrage. Emdens Betriebsratschef Manfred Wulff hatte gesagt: "Die Kundenzurückhaltung merken wir in der Elektrowelt ganz vehement." 

Ein Gefühl, das sich auch bei anderen Herstellern breitmacht. Volkswagens Konzernschwester Audi kämpft ebenfalls mit geringen Neuaufträgen. Ein Audi-Händler klagt: "Solange potenzielle Kunden unsicher sind, ob die Bundesregierung sie nicht bald zum Einbau einer neuen Heizung zwingt, seien sie nicht bereit, teure Neufahrzeuge zu erwerben." Und warnt: Falls dann doch Neuaufträge geschrieben werden, dann eher für Verbrenner. Denn mit der Reduzierung der Förderung von Elektroautos ("Umweltbonus") sinkt auch das Kundeninteresse an den umweltschonenden Stromern. 

Dennoch ist Volkswagen wie alle Marken des Konzerns einem klaren Elektrokurs verpflichtet. Eine teure Transformation, die in Wolfsburg doppelt schwierig umzusetzen ist. Das einzigartige (und historisch sicher nicht falsche) Eigentümermodell von Volkswagen, wonach Betriebsrat und Land Niedersachsen in einem erheblichen Maß bei unternehmerischen Entscheidungen mit am Tisch sitzen, macht schmerzhafte Einschitte nahezu unmöglich.

Als Ex-CEO Herbert Diess im vergangenen Jahr zu laut über Stellenstreichungen im Stammwerk Wolfsburg (das nach wie vor nicht annähernd voll ausgelastet ist) nachdachte, zettelte die mächtige und streitbare Betriebsratschefin Daniela Cavallo beinahe einen Aufstand am Mittellandkanal an. Diess ruderte zurück und verlor wenig später das Vertrauen des Aufsichtsrates. Nicht nur, aber auch deswegen. 

Eine Kurskorrektur für einen Tanker wie Volkswagen mit seiner Kernmarke, ohne die Beschäftigten und das Land Niedersachsen gegen sich aufzubringen, wiegt bei den momentan geplanten Einschnitten für Schäfer und seinen CEO Oliver Blume doppelt schwer. Die enorme Agilität (und Marktbrutalität) von Tesla und seinem rücksichtslosen CEO Elon Musk ist in der momentanen Phase des Hochlaufs der Elektromobilität ein enormer Vorteil.

Der Ausgabenstopp von Thomas Schäfer soll jetzt helfen, zumindest etwas mehr zum Erreichen der Jahresziele beizutragen als bisher. Betroffen seien unter anderem Dienstreisen und Events, heißt es. Bereits während der Corona-Pandemie hatte Volkswagen zu diesem Hebel gegriffen, um Kosten zu senken. Damals mit Erfolg, heißt es aus dem Unternehmen. Und damit ist es noch nicht getan.

Ex-China-Chef Stephan Wöllenstein schraubt aktuell am Sparprogramm "Accelerate Forward - Road to 6.5", mit dem sich Volkswagen PKW bis 2026 auf 6,5 Prozent Umsatzrendite trimmen will. Weitere, deutliche Einschnitte werden folgen. Details will das Unternehmen im Herbst vorstellen. Nur so seien Zukunftsinvestitionen und die Beschäftigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern, teilte Volkswagen bei der Präsentation des Programms mit. Im Oktober sollen die Eckpunkte stehen. Thomas Schäfer wird den Gürtel also noch enger schnallen müssen.

Aus dem Datencenter:

Wer liefert was für den VW ID.4?