Werkbank für die Welt

BMW macht es schon seit zwei Jahren, VW zieht jetzt nach. Autos werden in China nicht mehr nur für den lokalen Markt gebaut, sondern für die ganze Welt. Nach dem BMW iX3, der seit Ende 2020 in Shenyang auch für den Export nach Europa gefertigt wird, folgt nun ein erstes Modell aus dem VW-Konzern. Im neuen Werk in Anhui, das VW dort zusammen mit seinem Partner JAC errichtet hat, läuft Ende des Jahres der Cupra Tavascan als erstes Modell am Standort überhaupt vom Band. Und zwar ausdrücklich nicht für China bestimmt, sondern nur für den Export nach Europa. Denn in dem Land selbst ist Cupra gar nicht vertreten. Und daran soll sich auch nichts ändern.

Für VW bedeutet dies einen Strategieschwenk. Zwar bauen die Wolfsburger schon seit 40 Jahren Autos in China. Doch bisher galt der eiserne Grundsatz: In China wird nur für den dortigen Markt produziert, den Rest der Welt versorgen die Werke in Europa und Amerika. VW-China-Vorstand Ralf Brandstätter beeilte sich denn auch zu versichern, dass der Tavascan eine Ausnahme bleibt: „Weitere Exporte aus China nach Europa sind nicht geplant.“

Dass Anhui überhaupt den Zuschlag erhielt, lag laut VW schlicht an der Produktionskapazität. In Europa habe es keinen Standort gegeben, der das Schwestermodell von ID.4 und Škoda Enyaq hätte bauen können, sagte ein VW-Manager. „Zwickau ist voll, Mladá Boleslav ist voll, Emden auch.“ Das neue E-Auto-Werk in Anhui komme da genau richtig.

Andere Hersteller gehen noch weiter. Mercedes hat seine Kleinwagenmarke Smart komplett in ein Joint Venture mit Geely eingebracht, gebaut werden die Autos nur noch in China. Und BMW lässt die neuen Elektromodelle seiner Kleinwagenmarke Mini im Gemeinschaftsunternehmen mit Great Wall bauen. Bereits in diesem Jahr soll es losgehen. Einzige Ausnahme ist der E-Countryman aus Leipzig. Aus Oxford kommen dann nur noch Verbrenner.

Weitere Modelle dürften dem Beispiel folgen. Davon ist zumindest China-Experte Jochen Siebert von der Unternehmensberatung JSC Automotive überzeugt. „Bei BMW auf jeden Fall“, sagt er. Und auch bei VW, zumindest im Werk Anhui. Denn anders als bei den anderen beiden Joint Ventures der Wolfsburger mit SAIC und FAW halte VW hier die Mehrheit, ebenso wie BMW in Shenyang. Experte Siebert sieht dies als wichtige Voraussetzung: „Man kann dann ganz anders agieren, eigene Entscheidungen treffen, muss keinen Partner mehr fragen.“ Und die Standorte werden in der Bilanz voll konsolidiert. Damit bestehe auch kein Grund mehr für eine Sonderstellung. „Man hat ja Kapazität in China, die vielleicht zu groß ist für den Markt. Die kann man dann nutzen.“

Sorgen um die Qualität müsse man sich längst nicht mehr machen. Bei den Joint Ventures mit ausländischen Konzernen sei China auf Augenhöhe. Siebert: „Der Unterschied ist nicht mehr sehr groß.“ Und er werde bald ganz auf null schrumpfen.

Aus dem Datencenter:

Deutsche Konzernmarken in China