Auf der Hauptversammlung in Berlin musste Hiltrud Werner regelmäßig ans Mikrofon. Mehr als zwei Stunden lang beantwortete die Compliance-Vorständin im Wechsel mit Aufsichtsratsvize Jörg Hoffmann Fragen zur Aufarbeitung des Dieselskandals und vor allem zum Schadenersatz-Deal mit Ex-Konzernchef Martin Winterkorn.
Die Frage nach ihrer eigenen Zukunft beantwortete Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch dann knapp: "Ob und inwiefern sich die Aufstellung des Vorstandes ab 1.2.2022 verändert, hat der Aufsichtsrat noch nicht beschlossen." Anschließend überergab er zurück an Werner, die mit keiner Miene auf die Aussage Pötschs einging.
Dabei hatte es zuletzt geheißen, Werners Vertrag, der Ende Januar ausläuft, werde nicht verlängert. Werner müsse dann ihren Schreibtisch räumen. Konzernchef Herbert Diess soll Probleme mit seiner einzigen Vorstandsfrau haben: Er nehme ihr übel, so heißt es, dass sie ihn Anfang 2020 zu einem Deal mit der Staatsanwaltschaft überredet hatte. Gegen Zahlung von 4,5 Millionen Euro aus der Konzernkasse wurden Ermittlungen gegen Diess wegen des Dieselskandals eingestellt. Diess, so heißt es, sah sich so der Möglichkeit beraubt, seine Unschuld zu beweisen.
Die Entscheidung über Werners Vertragsverlängerung ist eigentlich überfällig. Ihr Vertrag läuft nur noch sechs Monate, üblicherweise entscheidet VW ein Jahr vorher über eine Verlängerung. Doch während der Vertrag von Konzernchef Diess vor knapp zwei Wochen vorzeitig verlängert worden, obwohl sein bisheriger Vertrag noch bis 2023 lief, gibt es zu Werner nach wie vor keine Entscheidung.
Weiter offen ist auch, wer das neue IT-ressort übernehmen soll. "Hier läuft der Sondierungsprozess noch und ist nicht abgeschlossen", sagte Pötsch. Ursprünglich sollte der Posten bis Ende Jun besetzt worden, und zwar mit einer Frau. Doch bisher fielen alle Bewerberinnen im Aufsichtsrat durch.
Auf der virtuellen Hauptversammlung, die am Nachmittag noch andauerte, musste die VW-Spitze ungewöhnlich viele Fragen seiner Aktionäre beantworten. Insgesamt seien 640 Frane von 230 Aktionären eingegangen, sagte Pötsch. "Das übersteigt die Zahl der auf früheren Hauptversammlungen gestellten Fragen deutlich." Vor einem Jahr, als die Hauptversammlung ebenfalls virtuell stattfand, seien es nur 430 Fragen gewesen.
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