Was chinesische Hersteller in der Chipkrise besser machen

Der Chipmangel hat in China vor allem die ausländischen Marken ausgebremst. Allen voran Marktführer VW. Während der Gesamtmarkt 2021 sogar um vier Prozent wuchs, ging es bei VW um fast 15 Prozent nach unten. Die chinesischen Autobauer gewannen dagegen Anteile hinzu.

Wie ihnen das gelingt? "Die einheimischen Hersteller haben sich im Umgang mit dem Chipmangel als flexibler erwiesen", sagte der Schanghaier Ingenieur Peter Chen vom Zulieferer ZF TRW der "South China Morning Post". "Sie haben vorausschauend geplant, um mehr Chips zu beschaffen, als sich der chinesische Automarkt von dem Covid-19-Ausbruch erholte."

Zudem bauten die lokalen Autohersteller alternative Lieferketten auf und sparten Chips. So wurde der Halbleiter-Einsatz in den preiswerten Einstiegsmodellen reduziert, um mehr für margenstärkere Modelle nutzen zu können. Eine Option, die den ausländischen Herstellern dort kaum offensteht: Im Segment der superbilligen Einstiegsmodelle sind sie kaum vertreten, das Segmenten ist fest in chinesischer Hand.

Dabei wurde China vom Chipmangel natürlich genauso getroffen wie der Rest der Welt. "Da geht es China auch nicht besser als anderen Ländern", sagt der China-Kenner Jochen Siebert von der Unternehmensberatung JSC Automotive im Interview mit der Automobilwoche. "Hersteller wie Geely und Great Wall Motors werden ja auch im großen Stil von europäischen Zulieferern beliefert. Die haben deswegen genauso Probleme."

Einen kleinen Vorteil hätten chinesische Hersteller aber doch: Vom heimischen Chipriesen SMIC werden sie bevorzugt beliefert. "Allerdings exportieren sie auch relativ wenig nach Europa", erklärt Siebert. "Das hat daher nichts mit Nationalismus zu tun, sondern mit den Liefermengen. Natürlich kümmert man sich da zuerst um die Firmen, die auf dem heimischen Markt auch weit mehr abnehmen."

Marktführer VW wurde von der Chipkrise in China dagegen besonders hart getroffen, sogar noch härter als im Rest der Welt. Während die Auslieferungen der Marke in Westeuropa um 5,3 Prozent einbrachen und weltweit um 8,1 Prozent, lag das Minus in China mit 14,8 Prozent fast doppelt so hoch.

Selbst bei den neuen Elektro-Hoffnungsträgern ID.3, ID.4 und dem nur in China angebotenen ID.6 musste VW bei den Bestellungen auf die Bremse treten. "Bis September lief es bei der ID- Familie noch sehr gut", sagt VW-China-Chef Stephan Wöllenstein. "Doch dann waren wir vom Halbleitermangel betroffen. Rund 20.000 Einheiten haben wir dann noch gegenüber dem Plan verloren."

Dass es gerade das China-Geschäft so hart traf, hat auch hausgemachte Gründe. Denn die Joint-Venture-Werke dort gehören nur zur Hälfte VW. Dem Vernehmen nach hatte der Konzern die knappen Chips daher lieber an die reinen VW-Standorte in Europa und Nordamerika oder zu Porsche und Audi gelenkt, als sie an die Gemeinschaftswerke in Fernost zu liefern. Das hatte bei den chinesischen Partnern zunehmend für Unmut gesorgt.

Inzwischen gelobten die Wolfsburger Besserung: "Wir haben sichergestellt, dass China die richtige Menge an Halbleitern erhält", versprach Konzernchef Herbert Diess bei der jüngsten Bilanzvorlage. "Wir haben China in diesem Jahr priorisiert."

Wegen des Ukraine-Kriegs könnten jetzt sogar noch einige Chips zusätzlich dorthin gehen. Weil fehlende Kabelbäume aus der Ukraine in Europa die Produktion bremsen, lenkt VW die hier nicht benötigten Chips in andere Regionen um. "Vor allem nach Südamerika, aber auch in die USA und nach China", sagte Diess. Denn anders als in Europa gibt es in China keinen Engpass bei Kabelbäumen. Die kommen dort nicht aus der Ukraine, sondern werden in China selbst hergestellt oder in noch günstigeren Ländern wie Vietnam. 

Den kommenden China-Verantwortlichen Ralf Brandstätter, bisher VW-Markenchef, dürfte die neue Priorität für China freuen. Der scheidende Statthalter Wöllenstein zeigte sich denn auch zuversichtlich, den Rückgang von 2021 in diesem Jahr wieder wettmachen zu können. Beim Absatz wolle man wieder das Niveau von 2019 erreichen. "Mal sehen, ob mehr möglich ist."

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