Weil gibt Cavallo Rückendeckung - "Verunsicherung muss ein Ende haben"

Den Seitenhieb gegen VW-Chef Diess verstanden alle Mitarbeiter in der Halle sofort, auch wenn Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) den Namen von Herbert Diess nicht in den Mund nahm. "Was ist Aufgabe des Unternehmens in diesen Zeiten?", fragte er rhetorisch in die Runde der Mitarbeiter. Um dann selbst die Antwort zu geben: "Nicht die Sorgen zu schüren. Die Aufgabe des Unternehmens in diesen Zeiten ist es, Perspektiven zu geben!" Dass er damit auf die jüngsten Äußerungen von Diess über einen drohenden Stellenabbau anspielte, war jedem sofort klar.

Entsprechend hohe Erwartungen knüpft Weil, der auch im Aufsichtsratspräsidium des Konzerns sitzt, an die nächste Planungsrunde, die jüngst auf den 9. Dezember verschoben wurde. "Wir haben als Land Niedersachsen eine sehr klare Erwartung an die nächste Planungsrunde", sagte Weil laut einer Mitschrift seiner Rede, die der Automobilwoche vorliegt.

"Die Verunsicherung, die überall um sich greift – in der Öffentlichkeit, bei den Kunden, auf den Märkten, hier im Werk selber bei den Beschäftigten –, diese Verunsicherung muss ein Ende haben", sagte Weil weiter. "Am Ende der Planungsrunde muss es noch in diesem Jahr klare Perspektiven geben, die dann für alle verbindlich sind und an denen sich alle dann auch orientieren können."

Dabei gab er auch ausdrücklich seine Rückendeckung für die Forderung von Betriebsratschefin Daniela Cavallo, die ein zusätzliches Elektro-Modell für Wolfsburg fordert, das bereits deutlich früher als der für 2026 geplante Trinity anlaufen soll. "Ich begrüße ausdrücklich, dass mit Trinity ein großer erster Schritt hier in Wolfsburg gemacht wird", sagte Weil. "Aber wir wissen auch alle miteinander: Trinity wird sicherlich nicht alleine die Auslastung dieses riesigen Standortes gewährleisten können."

Deswegen mache er keinen Hehl daraus, dass er sehr gut nachvollziehen könne, wenn der Betriebsrat ein weiteres Zukunftsprojekt für Wolfsburg fordert. "Zukunftsprojekte sind entscheidend für die nächsten Jahre", erklärte Weil, "und davon brauchen wir in Wolfsburg eben mehr als Trinity, das liegt für mich sehr klar auf der Hand."

Wichtig sei, dem Werk eine Perspektive zu geben, erklärte Weil. "Grundlage für eine Perspektive ist auch eine hinreichende Auslastung des Werkes. Es ist nun mal eine große, große Fabrik mit Tausenden von Arbeitsplätzen." Und die gelte es zu erhalten. "Ein Austrocknen der Produktion ist für das Land Niedersachsen keine Option – auch das möchte ich sehr klar zum Ausdruck bringen."

Hintergrund ist die derzeit desolate Auslastung des Stammwerks. Weil Halbeiter fehlen, fallen regelmäßig Schichten aus, die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. "Als Land wissen wir ganz genau, was wir an diesem Unternehmen haben, und ich füge hinzu: wir wissen auch ganz genau, was wir an seinen Beschäftigten haben", betonte Weil und fügte hinzu: "Niedersachsen steht an der Seite von Volkswagen, wir stehen an der Seite des Standortes Wolfsburg und wir stehen an der Seite seiner Beschäftigten."

Auf der Belegschaftsinformation hatte Weil neben Cavallo, Diess und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann gesprochen. Wegen der Corona-Beschränkungen durften nur 7000 Mitarbeiter in die Halle, alle anderen konnten online zusehen.

Lesen Sie auch:

VW-Belegschaftsinformation in Wolfsburg: Cavallo und Diess liefern sich Schlagabtausch

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo auf der Belegschaftsinformation in Wolfsburg: "Hier ist nicht ein Mensch zu viel an Bord"

VW-Chef Herbert Diess auf der Belegschaftsinformation in Wolfsburg: "Ich mache mir Sorgen um Wolfsburg"

Krach vor der VW-Betriebsversammlung: Es knirscht zwischen Diess und Aufsichtsräten

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau VW ID 2020 bis 2023