Frau Adt, welche persönliche Eigenschaft, glauben Sie, hat Ihnen am meisten dabei geholfen, sich als Frau in der Autoindustrie durchzusetzen?
Unabhängig von der Branche sind doch Neugierde, Mut, Gestaltungswille und die Fähigkeit zu begeistern Eigenschaften, die man häufig bei erfolgreichen Menschen beobachten kann – egal ob Frau oder Mann.Müssen Frauen in der Autoindustrie insgesamt mutiger sein? Oder woran liegt es ihrer Meinung nach, dass Frauen im Top-Management noch immer unterrepräsentiert sind?Ich bin mir nicht sicher, ob die Frauen mutiger sein müssen oder die Unternehmen. Viele Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass Vielfalt bessere Ergebnisse in einer komplexen Welt bringt. Aber manchmal höre ich doch noch, dass es in Firmen Befremden gibt, wenn jemand dann tatsächlich so ist, wie es der Vielfalt entspricht: nämlich anders ist, denkt und auftritt.Wie kann man darauf hinarbeiten, dass dieses „befremdet sein“ sich ändert?Bei Daimler sind wir überzeugt, dass mehr Vielfalt zu besseren Ergebnissen führt. Spitzenleistungen sind unabhängig von Geschlecht, Alter und Herkunft. Vielfältige Teams bringen unterschiedliche Blickwinkel an den Tisch. Das kann bedeuten, dass Diskussionen etwas mehr Geduld erfordern, als bei eher eindimensionalen Teams. Aber die Ergebnisse sind dann aus und für unterschiedliche Perspektiven entwickelt, ein klarer Mehrwert. Jeder hat eine andere Art seine Gedanken auszudrücken. Mir ist das besonders bei der Arbeit zu unserem Kulturveränderungsprogramm „Leadership 2020“ aufgefallen. Wir haben dort ausschließlich und ganz bewusst möglichst diverse Gruppen gebildet, und mit „Schwärmen“ selbstorganisierter Teams gearbeitet. Wenn die Gruppe ihre Vielfalt als „Asset“ begreift, kann sehr viel entstehen.
Das kostet Zeit und Geld....Ja, aber gerade in komplexen Systemen lohnt es sich, diese Zeit aufzuwenden. Komplexe Systeme sind dynamisch und funktionierten eben nicht nach dem Schema: Ich drehe an dieser Schraube und dann bewegt sich diese Schraube.Komplexe Systeme sind im Gegensatz dazu dynamisch. Sie funktionierten eben nicht nach dem Schema: Ich drehe an dieser Schraube und dann bewegt sich die andere Schraube. Sie sehen nicht, was rauskommt. Um solche Systeme zu verstehen und zu beherrschen, braucht es unterschiedliche Blickwinkel und Menschen, die mit unterschiedlichen Erfahrungen herangehen und versuchen, das Problem zu lösen. Bei solchen Themen führt Diversität zu den besten Ergebnissen. Welchen Rat möchten Sie jungen Frau mit auf den Weg geben, die eine Karriere in der Autoindustrie anstrebt?Vermutlich gilt bei uns nichts anderes als in anderen Branchen: Wenn Du erfolgreich sein willst, dann beherrsche das Spiel, das gespielt wird. Spielregeln von der Außenlinie zu verändern, ist schwer. Man muss auf den Platz wollen, Verantwortung übernehmen und mitspielen. Die Autoindustrie ist traditionell eher männlich dominiert. Insofern muss man sich als Frau darauf einlassen.Das müssen Sie genauer erklären...Sie werden Systeme nicht verändern, wenn sie von draußen darauf schauen und von Beginn an sagen: „Die Regeln gefallen mir nicht, so spiele ich nicht mit.“ Sie können Systeme nur von innen heraus verändern.Verstanden. Was können Frau noch besser machen?Mir fällt oft auf, dass manche Frauen sich schwerer damit tun, persönliche Ansprüche klar zu formulieren. Das führt dazu, dass männliche Vorgesetzte vielleicht gar nicht gehört haben, dass ihre Mitarbeiterin sich weiterentwickeln möchte. Mein Rat also: sagt, was Ihr wollt und hofft nicht darauf, dass Euer Gegenüber es erahnt.Vielen Dank für das Gespräch.SEHEN SIE AUCH:
Das Spezial der Top-50-Frauen der Autobranche finden Sie hier www.automobilwoche.de/topfrauen
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Podcast mit Telekom-Vorständin Claudia Nemat - auch sie ist eine der Top-50-Frauen der Branche!