Liebe Daniela Cavallo, lieber Gerardo Scarpino, liebe Kolleginnen und Kollegen,
vielen Dank für die Einladung zur Betriebsversammlung. Ich finde es gut, dass wir uns schon so früh im Jahr hier treffen und austauschen.
Mir ist die kritische Situation in Wolfsburg sehr wohl bewusst. Wolfsburg ist besonders hart von der Halbleitersituation betroffen. Deshalb sind Kapazitätsanpassungen erforderlich, auch mittelfristig.
Ich freue mich darauf, Ihnen heute sagen zu können, wo unser Unternehmen steht. Was wir letztes Jahr im Konzern erreicht haben und was dieses Jahr vor uns liegt.
Die Volkswagen-Gruppe ist in Topform! Wolfsburg hat einen großen Anteil an dem Konzern-Erfolg, den wir heute an der einen oder anderen Stelle feiern dürfen.
Unsere E-Mobilitätsstrategie trägt Früchte. Während einige unserer Wettbewerber jetzt erst auf E-Mobilität umschalten, liefern wir schon.
Wir sind in Europa die Nr. 1. Ein Viertel der E-Autos kommt aus dem VW-Konzern. Damit ist unser Marktanteil bei E-Autos höher als bei den Verbrennern. Das ist unser Ziel, wir wollen bei den Elektro- Fahrzeugen ja Weltmeister werden.
In Zwickau produzieren wir sechs E-Modelle von Volkswagen, Audi und Cupra. Unser erstes Werk ist schon zu 100 Prozent auf E-Autos umgestellt und voll augelastet. Noch im Jahr 2020 haben wir dort unter anderem den Golf Variant gebaut, auch den Golf Hatch haben wir in großen Stückzahlen gebaut, diese Aufträge landen nun alle in Wolfsburg. Der Passat, der früher ebenfalls in Zwickau gebaut wurde, wird mittlerweile exklusiv in Emden produziert. Der Umbau der Werke funktioniert und sichert Arbeitsplätze an allen Standorten, nicht nur an den Elektro-Standorten.
In Amerika sind wir mit den Elektrofahrzeugen die Nr. 2 hinter Tesla – vor lokalen Herstellern wie GM oder Ford.
In China haben wir im November und Dezember jeweils 15.000 E-Autos verkauft. Genauso viele wie die chinesischen Startups. Wir sind also auch in China stark bei E-Autos. Der ID.4 wurde in China zum grünen Auto des Jahres 2022 gewählt.
Wir haben mittlerweile mehr als 20 E-Modelle im Markt und treffen damit den Geschmack unserer Kundinnen und Kunden. Und schon bald werden in Köln auch Ford-Fahrzeuge mit unserer Technik gebaut werden.
Der Porsche Taycan verkauft sich sogar besser als der 911er. Wer hätte das vor noch wenigen Jahren gedacht? Die Norweger haben im Januar mehr Taycan verkauft als Verbrenner. Und zwar Verbrenner aller Marken zusammen. Elektroautos machen in Norwegen bereits über 70 Prozent des Pkw-Absatzes aus.
Am 9. März kommt der ID.Buzz. Eine große Freude für mich.
Denn schon als ich bei Volkswagen 2015 gestartet bin, wollte ich den original Bulli nach vielen glücklosen Studien, die Volkswagen vorgestellt hatte, endlich auf die Straße zurückbringen. Ich habe für dieses Projekt persönlich gekämpft, auch die Kollegen haben sich sehr dafür angestrengt. Es ist ein Auto, das alles verkörpert, wofür die Marke Volkswagen steht: Leidenschaft, Emotionen, Verlässlichkeit, ein Lebensgefühl von Freiheit und Unabhängigkeit.
Dank Elektro-Mobilität gelingt uns das Comeback dieser Legende – mit einem völlig neuem Raumgefühl. Der ID.Buzz ist außen kürzer als ein T7, ist innen aber enorm groß. Den Platz für den Verbrenner haben jetzt die Fahrgäste. Sicher einer der spannendsten Fahrzeuganläufe auf der Welt in diesem Jahr.
Auch die Premiumgruppe mit Audi, Bentley und Lamborghini läuft auf Hochtouren: Die Top-Modelle der Premium-Marken sind für das ganze Jahr 2022 ausverkauft. Porsche eilt von Erfolg zu Erfolg und auch die Trucks bei MAN, Scania und jetzt auch bei Navistar haben gut gefüllte Auftragsbücher.
Die Halbleiter sind die einzig große Herausforderung, die auch für Wolfsburg die größte Sorge ist. Hier haben wir über die Jahreswende Fortschritte gemacht.
Die Kolleginnen und Kollegen der Task Force arbeiten rund um die Uhr, damit Volkswagen so viele Chips wie möglich bekommt. Wir haben ein Frühwarnsystem eingeführt und unsere Entwickler haben bereits 150 technische Alternativen in die Autos gebracht, um fehlende Chips zu ersetzen. Eine starke Team-Leistung!
Mit Carsten Schnake haben wir jetzt einen Top-Einkäufer am Start, der schon die Fukushima-Krise gemanagt hat.
Die Versorgungssituation wird besser, aber auch in 2022 werden wir nicht alle Autos bauen können, die wir verkaufen könnten. Aber wir sehen gerade für die zweite Jahreshälfte Chancen für weitere Produktionssteigerungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Der Golf hat es trotz der Attacken der Wettbewerber und der Halbleiter wieder geschafft: Er war 2021 das meistverkaufte Auto in Europa! Glückwunsch an alle Kolleginnen und Kollegen, die das möglich gemacht haben. Das ist Ihr Erfolg.
Dass unsere Marken gut unterwegs sind, zeigt auch ein Blick in die Welt.
In den USA sind wir nach mehr als 10 Jahren endlich wieder profitabel. 2021 haben wir im zweitgrößten Automarkt der Welt so viele Autos verkauft wie seit 2013 nicht mehr. Wir haben in den letzten zwei Jahren in Amerika mehr neue Modelle in den Markt gebracht, als irgendeiner unserer Wettbewerber.
Wir verkaufen jetzt fünf verschiedene SUVs, die auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden in Amerika abgestimmt sind. Mit Erfolg: Wir wachsen schneller als der Markt.
Die amerikanische Klimapolitik gibt uns noch mehr Rückenwind. Noch nie haben wir ein neues Auto in den USA so schnell verkauft wie den ID.4. Dieses Jahr beginnen wir in Chattanooga mit der Produktion des ID.4. Und natürlich freuen sich besonders die Amerikaner auf den ID.Buzz.
Auch in Südamerika haben wir letztes Jahr den Turnaround geschafft. Wir haben jetzt die Modelle im Markt, die unsere südamerikanischen Kundinnen und Kunden begeistern. Mit dem Nivus wird zum ersten Mal auch ein Auto in Europa produziert, das in Lateinamerika entwickelt wurde. Wir haben als einzige Marke zwei Karosserievarianten bei den kleinen SUVs im Markt und sind damit Vorreiter. Unsere zahlreichen SUVs werden in Argentinien, Brasilien und Mexiko produziert. Damit sind wir sehr erfolgreich in Südamerika. Einige unserer Wettbewerber haben den Markt aufgegeben.
Viele erinnern sich vielleicht noch an unsere erste gemeinsame Betriebsversammlung hier. Es war damals, als wir diese Produktentscheidungen getroffen haben. Übrigens wenig später auch die für den ID-Buzz.
Auch in China schalten wir um auf E.
Schon jetzt verkaufen wir vier Modelle der ID. Familie in unserem zweitwichtigsten Markt. Innerhalb von wenigen Monaten haben wir 120 moderne ID. Verkaufsräume in chinesischen Malls eröffnet. Insbesondere junge Leute kaufen dort fast nur noch E-Autos. Mit dem neuen Verkaufskonzept in den Malls sprechen wir genau diese Zielgruppe an.
Der Hochlauf der E-Mobilität läuft weltweit weiter nach Plan: Wir werden dieses Jahr mindestens doppelt so viele E-Autos verkaufen wie im letzten Jahr. In Emden und Hannover startet die E- Fahrzeugproduktion noch in diesem Jahr.
Auch in Wolfsburg bewegt sich viel!
Nach den Diskussionen mit Daniela Cavallo haben wir uns nun auch entschlossen, den ID.3 ab 2023 hier in Wolfsburg zu produzieren. Eine gute Entscheidung!
Wir haben letztes Jahr viele Weichen dafür gestellt, dass der Standort wieder zum Kraftzentrum des Konzerns wird. Es geht um Investitionen in Milliarden-Höhe.
In Wolfsburg haben wir den Wettbewerb mit den amerikanischen und chinesischen Unternehmen angenommen. Denn nur Wettbewerbsfähigkeit sichert langfristig Arbeitsplätze. Ich spüre eine neue Energie hier in Wolfsburg und auch die Lust auf den Wettbewerb mit Grünheide.
Es freut mich, dass Ralf Brandstätter und Christian Vollmer die Pläne für eine neuen Fabrik im Umkreis unseres Standorts vorantreiben. Eine hochmoderne Fabrik mit schnelleren und effizienteren Prozessen. Aktuell suchen sie nach einem passenden Grundstück, um in Wolfsburg ab 2026 ein wettbewerbsfähiges, batterieelektrisches und Level-4-fähigies Auto der nächsten Generation in dem dann vielleicht modernstes Werk der Welt zu bauen. Das muss das Ziel sein.
Wir investieren außerdem 800 Millionen Euro in ein neues Entwicklungszentrum. Da werden Thomas Ulbrich und Team die Elektroplattform für 40 Millionen Fahrzeuge entwickeln. Damit haben wir die Chance, die Transformation aus Wolfsburg heraus zu gestalten, mit modernen Arbeitsabläufen und Teamarbeit statt Silodenken. Und auch, um mit den neuen Wettbewerbern aus China und den USA mithalten zu können. Denn die entwickeln derzeit etwa zwei Mal so schnell wie wir. Wir können das auch!
Wenn wir uns jetzt reinhängen, können wir Wolfsburg bis 2030 wettbewerbsfähig in der neuen Autowelt und damit zukunftssicher machen:
Ein international wettbewerbsfähiger Standort mit der Trinity-Fabrik, einer effizienten Elektro-Produktion im heutigen Werk und einer Linie für die dann auslaufenden Verbrenner. Dann das modernste Entwicklungszentrum in Deutschland, neue Zukunftsfelder und eine effiziente Zentrale, die den Konzern weltweit steuert – so kann die Zukunft aussehen. So muss die Zukunft für Wolfsburg aussehen.
Ich freue mich, dass Gunnar Kilian die Transformation des Standorts nun selbst vorantreibt. Das ist die beste Versicherung für die Arbeitsplätze hier in Wolfsburg.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir haben schon früh auf E-Mobilität gesetzt und ernten jetzt die Früchte.
Die vor einigen Jahren eingeleiteten Programme in den USA und in Südamerika greifen. Wir haben damit auch den finanziellen Rahmen für Investitionen gesteckt, um das Stammwerk in Wolfsburg zu revolutionieren.
Thomas Schmall hat vor fast einem Jahr seine Power-Roadmap vorgestellt. Und auch er liefert gemeinsam mit seinem Team. Sechs Giga-Batteriefabriken entstehen alleine in Europa – in Salzgitter sollen schon dieses Jahr die Bauarbeiten beginnen.
Ab April wird der jetzige Skoda-Chef Thomas Schäfer als COO in den Vorstand der Marke einziehen. Ab Sommer wird er dann die Verantwortung für die Marke von Ralf übernehmen und im Konzernvorstand sitzen.
So habe auch ich 2015 wenige Wochen vor dem Dieselskandal hier begonnen. Seitdem ist viel passiert. Und ich bin stolz darauf, was wir gemeinsam erreicht haben. Und ich bin sicher, dass Thomas Schäfer mit voller Kraft an den weiteren Erfolg der Marke anknüpfen wird. In seiner Amtszeit wird sich Wolfsburg vollständig wandeln. Ralf Brandstätter, Christian Vollmer und Thomas Ulbrich legen dafür die Grundsteine.
Vor uns liegen die spannendsten Jahre, die es in unserer Industrie bislang gab! Wolfsburg hat dabei eine wichtige Aufgabe.
Vielen Dank!
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