Zulieferer und Microsoft entwickeln Einheits-Betriebssystem

Tesla hat es bereits, VW und Daimler arbeiten daran, Google würde es gern für alle liefern: Das Betriebssystem fürs Auto, das im Fahrzeug künftig alle Funktionen zentral steuert. Mehrere Zulieferer, darunter Bosch, Continental und ZF, wollen das Feld weder Google noch den Autokonzernen überlassen: Zusammen mit Microsoft wollen sie nun ein Einheits-Betriebssystem entwickeln, das dann allen Herstellern als Open-Source-Lösung zur Verfügung stehen soll.

In der nun neu gegründeten Initiative "Software Defined Vehicle Working Group“ wollen sie nun gemeinsam an einer Software arbeiten, die dann als Basis für neue Fahrzeugklassen dienen soll. Ziel sei es dabei, ein einheitliches Betriebssystem zu etablieren, das dann herstellerübergreifend zum Einsatz kommen kann. Hersteller und Zulieferer könnten dann eigene Individualfunktionen aufsetzen.

Zu den Gründern der neuen SDV Working Group gehören unter anderem der Software-Riese Microsoft, die deutschen Zulieferer Continental, Bosch und ZF sowie der Consulting-Dienstleiter Capgemini. Koordiniert wird die neue Arbeitsgruppe vom der gemeinnützigen Eclipse Foundation, die sich der Unterstützung von Open-Source-Projekten verschrieben hat, bei denen der Quellcode der Software für alle offen ist.

"Die Zusammenarbeit in einer branchenübergreifenden Open-Source-Community bietet Unternehmen eine einzigartige Möglichkeit, die sich ständig ändernden Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen", erklärte Ulrich Homann, bei Microsoft für Cloud-Architektur und Künstliche Intelligent zuständig. Microsoft ist einer der wenigen Tech-Riesen ohne ein eigenes Autoprojekt. Die Google-Schwesterfirma Waymo und Apple arbeiten an eigener Software zum autonomen Fahren, Amazon kaufte die Roboterwagen-Firma Zoox. Microsoft hat bisher dagegen stets betont, nicht mit seinen Kunden, also den Autokonzernen, konkurrieren zu wollen. Der Software-Riese arbeitet unter anderem als Cloud-Anbieter mit Volkswagen zusammen.

"Wir sehen die Zusammenarbeit als essentiell an, um softwarebasierte Innovationen zu entwickeln und schnell auf den Markt zu bringen", sagte Continental-CTO Gilles Mabire. Sein Unternemen hat Software gerade zum großen Wachstumsfeld erklärt setzt hier vor allem auf die nicht-differenzierende Middleware, also Software die im Hintergrund läuft und bei mehrere Herstellern laufen kann, ohne das Markenprofil zu verwässern. Der Ansatz der neuen Arbeitsgruppe passe hier perfekt, so Mabire. "In diesem Sinne freuen wir uns, unser Know-how und unsere Software in die offene Architektur der Software-Defined Vehicle Working Group einbringen zu können."

"Wesentliche Teile der Software im Fahrzeug, wie das Echtzeit-Betriebssystem oder bestimmte Teile der Middleware, sind für die Fahrzeughersteller und ihre Endkunden nicht wettbewerbsdifferenzierend", sagte ZF-Entwicklungschef Dirk Walliser. "In diesem Bereich sehen wir einen großen Mehrwert für die gesamte Automobilindustrie, wenn wir in einem offenen Ökosystem nach dem Open-Source-Prinzip entwickeln."

"Mit unserem softwarezentrierten Entwicklungsansatz beschleunigt und vereinfacht Bosch die Art und Weise, in der Fahrzeugsoftware entwickelt, getestet und eingesetzt wird", sagte Sven Kappel, Projektleiter für Software-definierte Fahrzeuge bei Bosch. "Darüber hinaus glauben wir an ein offenes Ökosystem, das ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg des softwaredefinierten Fahrzeugs sein wird." Mit der Gründung der SDV Working Group komme man diesem Ziel nun näher.

Weitere Partner sind das Accenture,Arm, AVL, DMI, ETAS, Red Hat, Reycom und Suse.

Vor allem Volkswagen treibt mit seiner Softwareschmiede Cariad derzeit die Entwicklung eines eigene Auto-Betriebssystems VW.OS voran, das dann konzernweit zum Einsatz kommen soll, erstmals bei Artemis und Trinity. Beim autonomen Fahren würde gerade eine Kopperation mit Bosch verabredet. Auch Mercedes-Benz treibt die Entwicklung eines eigene Betriebssystems MB.OS voran. Parallel bietet Google ein herstellerübergreifendes Betriebssystem an, das etwa bei Volvo zum Einsatz kommt. Andere Hersteller kritisieren, dass hier die Datenhoheit an Google verlorengehe.

BMW-Entwicklungsvirstand Frank Weber hatte im September gefordert, dass sich die Hersteller auf einen einheitlichen Software-Standard einigen sollten. "Es ist ein Fehler, wenn jeder ein eigenes Betriebssystem entwickelt, das ist eine Sackgasse", sagte er im September. "Damit gefährden wir die bewährten Lieferantennetzwerke in Deutschland, Europa und darüber hinaus." Konzernchef Oliver Zipse schloss sich dem an. "Beim zentralen Betriebssystem", sagte er, "wären Kooperationen sinnvoll, wir würden das ausdrücklich befürworten."

Auch VW-Chef Herbert Diess hatte jüngst für eine gemeinsame Anstrengung der Branche geworden. "Das Auto ist auf absehbare Zeit die wahrscheinlich letzte große Software-Domäne, die es noch zu erschließen gilt", sagte er am Rande der IAA Mobility in München der Automobilwoche. "Mein klarer Appell lautet daher: Lasst uns die Chance ergreifen und uns als Europa in diesem Wettbewerb behaupten."

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Aus dem Datencenter:

Marktvolumen von Software im Fahrzeug