Hamburg. Die Titelseite der Print-Ausgabe 16/ 2014 von Automobilwoche ziert eine plakative Zeile: "Sparkurs in den 'heißen Herbst'", haben wir den aktuellen Aufmacher überschrieben. In dem Vierspalter geht es unter anderem um den angekündigten Widerstand des VW-Betriebsrats gegen besonders umstrittene Teile des neuen Effizienzprogramms bei der Kernmarke des Wolfsburger Autoherstellers.
Der Herbst beginnt erst am 23. September. Und die in diesem Jahr aus gegebenem Anlass mit ganz besonderer Spannung erwartete Planungsrunde findet gar erst im November statt. Doch Vertriebsmanager von Volkswagen, die sich eingehend mit der Stellungnahme von Bernd Osterloh beschäftigen, dem obersten Arbeitnehmervertreter des Konzerns, müssen sich wohl bereits auf einen "heißen Sommer" einstellen. Denn unter dem Aufruf "Management muss eigene Fehler beheben – Den Fokus richten auf das, was Geld bringt" führt der streitbare Betriebsratsvormann aus, was ihn derzeit besonders ärgert – bei aller grundsätzlichen Zustimmung zu dem von VW-Lenker Martin Winterkorn angeschobenen Sparprojekt. Und die Vertriebsmannschaft hat Osterloh augenscheinlich schon des Öfteren zur Weißglut gebracht.
„Die Vertriebsplanung spottet häufig jeder Beschreibung", poltert er in seinem Schreiben an die Kolleginnen und Kollegen bei VW. "Der Vertrieb soll uns nicht erzählen, wo wir gerade Schwierigkeiten beim Autoverkauf haben", legt Osterloh nach. "Der Vertrieb muss seine Planungen realistisch und Vertriebsprogramme stringent auf die Märkte mit ihren Herausforderungen ausrichten", fordert der Betriebsratschef unmissverständlich. "Die USA haben beispielsweise kein Produkt- oder Qualitätsproblem. Da hatten wir zu lange das falsche Vertriebsmanagement.“
Rumms. Das saß. Und zwar richtig. VW-Vertriebsvorstand Christian Klingler wird zustimmen müssen: Eine ähnliche schallende Maulschelle hatte in Osterlohs Phillipika kein anderer Geschäftsbereich zu verschmerzen. Sicher, auch die Produktion bekam ihr Fett ab: "Unsere Kollegen zahlen die fehlerhafte Aufstellung und mangelnde Verfügbarkeit der Produktionsanlagen mit Mehrarbeit und Sonderschichten", heißt es in der Geschichte des O., doch war seine Kritik am Ressort von Produktionsvorstand Michael Macht insgesamt schon spürbar milder. Für das Team um VW-Beschaffungsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz fand Bernd Osterloh gar lobende Worte: „Durch das Gesamtwachstum des Konzerns ergeben sich beim Materialeinkauf neue Synergien. Die Beschaffung macht da sicherlich den konsequentesten Job, um Synergien im Konzern zu heben.“
Entwarnung bedeutet das keineswegs. Osterloh hat sich festgelegt: "Schon jetzt ist klar, dass es an dem einen oder anderen Punkt auch richtig krachen wird". Der Vorstand werde "intensive Diskussionen mit uns bekommen", ahnt der Betriebsrat – und warnt in Richtung VW-Vertrieb: "Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat werden nur Fahrzeugprojekten zustimmen, die eine Verbesserung in der Rendite gegenüber dem Vorgängermodell darstellen. Alles andere wird es nicht mehr geben, weil das Spielereien auf dem Rücken der Beschäftigten sind. Da streichen wir ganze Projekte, wenn es drauf ankommt". Wer Christian Klingler kennt, weiß, dass der Topmanager Kritik nicht einfach unwidersprochen auf sich sitzen lässt. Eine "Watsche", wie die (verbale) Ohrfeige im Alpenraum heißt, wird der gebürtige Österreicher kaum ohne angemessen ruppige Replik hinnehmen. Das kann ja heiter werden. Diese Vorhersage passt allerdings vortrefflich zu einem "heißen Sommer".