In deutschen Autohäusern dominiert die Handarbeit. Doch langsam kommt Bewegung in das Thema Automatisierung. Sie kann helfen, Probleme zu lösen: vom Fachkräftemangel bis hin zur Effizienz in Handel und Service. Doch in welchen Bereichen ist eine Automatisierung heute schon möglich und sinnvoll? Ein Überblick:
Reifen:Hier bieten sich automatisierte Lager und Waschanlagen an, wie sie das Autohaus Reisacher derzeit in Augsburg baut. Doch es geht noch ambitionierter: „Wir haben einen Kunden in Österreich, der hat eine ganze Reifenwechselstraße“, sagt Jürgen Papadopoulos, Geschäftsführer von Papadopoulos Associates, einem Experten für die Autohaus- und Vertriebsplanung. „Die Autos werden auf 1,20 Meter angehoben und laufen über ein Band. Das beschleunigt die Arbeit enorm. Dadurch bleibt der Kunde während des Wechsels da, und ich kann ihm in der Zwischenzeit vielleicht noch etwas verkaufen.“
Kundenkontakt:
Beim Kundenkontakt bieten sich Chatbots „hervorragend im Servicebereich an“. Dies sagt Ivon Brandăo von der Agentur BippesBrandăo, die jüngst einen Chatbot für Kia realisiert hat. Denkbar wäre für ihn beispielsweise ein „FAQ-Bot, ergänzt durch einen Livechat oder anstelle dessen, um wiederkehrende Fragen rund um die Uhr zu beantworten“, so Brandăo. „Ein anderes Szenario wäre, Chatbots als zusätzlichen Dialogkanal für Serviceanfragen, Terminvereinbarungen oder Probefahrtanfragen anzubieten.“
Verkauf:
Beim Verkauf lässt sich im Hintergrund sehr viel mehr automatisieren. Das beginnt mit den inzwischen durchaus verbreiteten Programmen, die die Verkäufer bei der Kundenansprache unterstützen. Verbessert wird dies durch aufkommende selbstlernende Systeme, die dank künstlicher Intelligenz den Kundenkontakt nicht mehr nach starren Vorgaben planen und dem Verkäufer auch bei der individuellen Preisfindung und Zusatzangeboten helfen.
Gebrauchtwagen:
Bei Gebrauchtwagen kommt es auf Geschwindigkeit an, denn jeder Tag bis zum Verkauf kostet. Halbautomatische Aufbereitungsstraßen können hier helfen – oder Geräte wie der Twinner, die das Fotografieren, Einscannen und Einstellen der Fahrzeuge beschleunigen. „Im Idealfall ist ein Auto so einen halben Tag, nachdem es auf den Hof gekommen ist, online“, sagt Dominic Multerer von Twinner.
Lager:
Im Lagerbereich gibt es die Automatisierung eigentlich schon von der Stange. „Ein automatisiertes Lager für ein mittleres Autohaus würde 100.000 bis 150.000 Euro kosten“, sagt Papadopoulos. „Aber Sie können damit zwei Mitarbeiter einsparen. Das amortisiert sich in kürzester Zeit. Da verschlafen viele Betriebe die Möglichkeiten – auch weil sich die Leiter des Ersatzteilbereichs dagegen sträuben, ihre Mitarbeiter zu verlieren.“
Werkstatt:
Hier gehen die Möglichkeiten bis zur Fließbandarbeit. „Die MAHAG hat zu Zeiten des Käfers bereits ein ,Taktband‘ für Wartungsarbeiten eingesetzt – einmalig in Deutschland. Um die Inspektion zu rationalisieren, haben die Fahrzeuge auf schienengeführten Aufnahmerahmen verschiedene Stationen durchlaufen“, erinnert sich Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft. Auch ein vermehrter Einsatz von Robotern ist mittelfristig denkbar. „Noch läuft die Entwicklung hier aber langsam, weil die mittelständischen Werkstattausrüster sich schwertun, das zu finanzieren“, sagt Papadopoulos.
Verkäufersteuerung:
Auch bei der Steuerung der Verkäufer sind automatisierte Systeme sinnvoll, weil sie gewisse Verhaltensweisen des Verkäufers messen und sie ins Verhältnis zur Abschlussquote setzen können. „Ziel ist es, auf diese Weise jeden sozial kompetenten Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, ein Auto zu verkaufen“, sagt Papadopoulos. „Wenn ich als Chef sehe, dass beieinem Verkäufer 70 Prozent der Kunden einen Kaffee trinken und im Gespräch mit dem Verkäufer verweilen, bei einem anderen aber nur 30 Prozent – und der hat dann auch noch schlechtere Abschlüsse –, muss ich mit ihm reden.“
Fazit:„Die Autohäuser müssen ihre Effizienz in Verkauf und Service steigern. Und die Automatisierung kann möglicherweise einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten“, sagt Reindl. Allerdings wird sie nicht von heute auf morgen kommen. „Viele Prozesse und Betriebseinrichtungen werden sich nur bei Neubauten vernünftig umsetzen lassen“, so Reindl. „Zudem ist für automatisierte Wartungs- und Reparaturarbeiten ein hoher Standardisierungsgrad bezüglich der Fahrzeuge sowie ein gewisses Servicevolumen nötig, um profitabel zu arbeiten. Insofern sind hier die großen Gruppen im Vorteil.“
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