Iveco setzt bei alternativen Antrieben vor allem auf komprimiertes Naturgas (CNG) und verflüssigtes Erdgas (LNG). Pierre Lahutte erläutert im Automobilwoche-Interview die Strategie des Konzerns.
Herr Lahutte, was bietet Iveco auf der IAA für die Mobilität der Zukunft an?
Unser Stand ist Diesel-freie Zone sein. Wir bieten die komplette Palette alternativer Antriebe an, vom komprimierten Naturgas über verflüssigtes Erdgas bis zu elektrischen Antrieben. Eines der Highlights ist unser 26-Tonner CNG Stralis für lange Distanzen. CNG-Motoren stoßen 90 Prozent weniger NO2 aus, so gut wie keinen Feinstaub und 95 Prozent weniger CO2 – bei einer Reichweite von 1000 Kilometern, die sich durch LNG auf 1600 Kilometer erweitert.
Wie sieht es mit der Elektrifizierung aus?
Wir bieten Elektrifizierung an, vor allem für Ballungsräume und Innenstädte. Zu nennen sind unsere Heuliez-Busse mit hybriden und elektrischen Lösungen, der neue Iveco-Bus Crealis oder auch eine Art Trolley-Bus, der auch auf Abschnitten ohne elektrische Oberleitungen funktioniert. Aber für längere Distanzen und größere Fahrzeuge bleiben Naturgas, CNG und LNG die einzigen Alternativen zum Diesel.
Woher haben Sie Know-how im Bereich Elektrifizierung?
Wir haben vor vielen Jahren eine italienische Gesellschaft übernommen, die heute Iveco Altra heißt. Außerdem arbeiten wir seit langer Zeit in Partnerschaft mit anderen Unternehmen an solchen Lösungen.
Gibt es die in Hannover gezeigten Fahrzeuge schon zu kaufen?
Alles ist auf dem Markt. Seit 2012 haben wir mehr als 2600 LNG-Stralis-Modelle im Einsatz. Wir haben mehr als 3800 Bestellungen.
Haben Sie die Technik allein entwickelt?
Unsere Expertise kommt aus dem letzten Jahrhundert, als Fiat im Fiat Research Center als Pionier an Antrieben mit Naturgas arbeitete. Nach der Abtrennung von Fiat Chrysler entwickelten wir dieses Know-how für industrielle Motoren weiter. Unser gesamtes Technologiewissen auf diesem Gebiet haben wir unter der CNH-Marke FPT Industrial gebündelt. Dort entwickeln und produzieren wir Motoren für Iveco und investieren massiv in Forschung und Entwicklung.
Wie viel investieren Sie in die Entwicklung alternativer Antriebe?
2017 investierte CNH 957 Millionen Dollar in Forschung und Entwicklung. Ein bedeutender Teil davon floss in den Bereich kommerzielle Fahrzeuge, Antriebssysteme und alternative Antriebe.
Wie lange wird es den Diesel noch geben?
Noch lange. Aber speziell in Innenstädten gibt es schnelle Veränderungen, etwa bei Citybussen. Paris hat schon 2014 beschlossen, keine Dieselbusse mehr anzuschaffen. Auch von Unternehmensseite wächst der Druck. Die großen Handelskonzerne wie Carrefour verpflichten Lieferanten, nur noch gasbetriebene Fahrzeuge einzusetzen. Vielfach sind Unternehmen Treiber der Entwicklung.
Wächst die Nachfrage?
Die Wachstumsraten sind enorm: 2014 hatten noch 97 Prozent der Stadtbusse, die wir verkauften, einen Dieselantrieb. Inzwischen sind es 40Prozent oder weniger.
Wie viele gasbetriebene Fahrzeuge hat Iveco im Einsatz?
Etwa 26.500 in Europa, überwiegend in Frankreich, Italien und Spanien.
Wie entwickelt sich Iveco?
Bei leichten Nutzfahrzeugen kamen wir mit dem Daily 2017 auf 13 Prozent Marktanteil und verkauften weltweit 90.000 Einheiten. Im Segment über 7,5 Tonnen waren wir mit acht Prozent Marktanteil in Europa stabil.
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