Koln. „Die Kausalitat ist bei allen Schadensfällen im Aftersales das entscheidende Thema.“ Volker Steimle, Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, kommt gleich zum Kern der E10- Diskussion. Wenn tatsächlich Motorschäden an Fahrzeugen auftreten, die E10 getankt haben, muss nämlich nachgewiesen werden, dass die falsche Betankung – und nichts anderes – Ursache der Schäden ist. Das dürfte schwierig werden, „denn noch gibt es keine konkreten Fälle, die zeigen, wie ein E10-Schaden typischerweise aussieht“, so Steimle. Auch Prüforganisationen wie etwa die Stuttgarter Dekra haben, soweit bekannt, bisher kein einziges Gutachten über einen E10-Schaden erstellt – und damit noch keinen Fall geliefert, an dem die Haftungsproblematik durchexerziert werden könnte.
Dennoch bleiben die Verbraucher misstrauisch – allen Beteuerungen der Hersteller zum Trotz. Die fehlende Information ist aber nicht immer Grund für den Kaufstreik beim Biosprit, glaubt beispielsweise Volker Prüfer, Geschäftsführer des Marktforschers DAT: „Wenn sich ein Verbraucher dem E10 entzieht, hat das andere Gründe.“ Er sieht im Verbraucherverhalten eine für die Deutschen „typische Hysterie“. Ob Hysterie oder berechtigte Verunsicherung: Mit dazu beigetragen hat sicher auch die Kommunikation der Autohersteller – zum Beispiel mit der Wahl ihrer Formulierungen in der DAT-Liste.
„Manche unverbindlichen Äußerungen mit Formulierungen wie ,nach bisherigen Erfahrungen‘ sind seitens der deutschen Hersteller ja nun vom Tisch“, sagt Rechtsanwalt Steimle. „Wenn man aber die weitestgehende Haftung, also eine Garantie im Rechtssinne, hätte übernehmen wollen, hätte man sich anders geäußert“, sagt der Rechtsanwalt – und zeigt durchaus Verständnis für dieses Vorgehen. Man könne von den Herstellern schlecht verlangen, für alle auf dem Markt befindlichen Autos, also auch für die Gebrauchtwagen unterschiedlichsten Alters, eine Garantie auszusprechen.
Aufgrund der damit verbundenen Beweislastumkehr würde dies für die Hersteller ein enormes Haftungspotenzial bedeuten. Grundsätzlich gibt es drei Säulen der Haftung. Den Kaufvertrag mit den auf ihm basierenden Informationspflichten, die Produzentenhaftung und die Produkthaftung. „An der Produzentenhaftung ist interessant, dass ihre Ansprüche später verjähren als diejenigen aus der Gewährleistung“, erklärt der Jurist.
Während der Gewährleistungsanspruch mit der Lieferung des Produkts beginnt und sich in der Regel über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckt, läuft die Produzentenhaftung über drei Jahre – und zwar erst ab Eintreten des Schadens. Eine besondere Herausforderung für die Autohersteller sei es nun, die Abwicklung von E10-Schäden in die Gewährleistungs- und Garantieabläufe einzubinden. „Spannend wird es, wenn die ersten E10- Geschädigten beim Handel vorstellig werden.“ Die Hersteller seien in der Pflicht, ihre Vertragspartner rechtzeitig zu briefen: „Wenn Kunden und Händler im Showroom über die Feinheiten der Produzentenhaftung diskutieren müssen, ist es schon zu spät.“
