Der Boom der Elektroautos in Chinas schreitet bei den Produktionskapazitäten schneller voran als bei den Verkaufszahlen, was die Hersteller vor große Probleme stellt. Die Jahreskapazität der Stromer-Fertigung wird 2019 nach Erwartungen des staatsnahen Verbands der Autohersteller CAAM etwa zwei Millionen Autos erreichen. Die Absatzprognose liegt aber nur bei 1,6 bis 1,7 Millionen.
In den ersten sieben Monaten wurden knapp 700.000 Elektroautos und Plug-in-Hybride verkauft, 41 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Juli ging der Absatz allerdings um 4,7 Prozent zurück, weil die meisten Subventionszahlungen ausgelaufen sind. „Die Marktnachfrage nach den Stromern wird kurzfristig wohl sinken“, sagt Lu Fuyong von der University of International Business and Economics. Der Herstellerverband erwartet denn auch, dass die E-Kapazitäten Ende 2019 nur noch zu 80 Prozent ausgelastet sein werden. 2020 wird die Schere laut CAAM noch weiter aufgehen: Bauen können Chinas Hersteller dann 2,5 Millionen Stromer, verkauft werden aber nur zwei Millionen.
Derzeit bauen Dutzende Firmen Fabriken für Elektroautos auf. VW und Tesla errichten Werke in Schanghai, die Fabrik des Start-ups Byton in Nanjing ist praktisch fertig, Konkurrent Nio fertigt in Lizenz und plant zusätzlich eine Produktion in Peking. Das Start-up Reech gab im Mai bekannt, noch 2019 in einer ehemaligen Suzuki-Fabrik die Produktion eines Elektro-Sportgeländewagens starten zu wollen. Aiways (siehe Seite 44) wiederum kaufte 50 Prozent des strauchelnden SUV-Herstellers Jiangling, um seine Produktionslizenz zu bekommen. Aiways will 2019 sein erstes Elektro-SUV verkaufen.
Die begehrten Lizenzen sind nicht mehr so einfach zu bekommen, da Peking die Vergabe drosselt. Laut Nachrichtenagentur Bloomberg will die Regierung auch die Lizenzfertigung bei Partnern erschweren. Demnach dürfen Elektro-Hersteller künftig erst dann eine Produktion auslagern, wenn sie in den drei Jahren zuvor mindestens vier Milliarden Yuan (gut 500 Millionen Euro) in die Entwicklung investiert und mindestens 15.000 batteriebetriebene Autos verkauft haben.
Parallel fährt Peking seit 2017 schrittweise die Kaufsubventionen zurück. Ziel der Regierung: weniger und dafür bessere Start-ups und E-Marken. Am besten stehen die etablierten Marken da – wie Elektropionier BYD, dessen Absatz von E-Modellen von Januar bis Juli um 73 Prozent auf 162.000 Autos gegenüber dem Vorjahr zulegte. BYD lässt Modelle mit Verbrennungsmotor auslaufen, verkauft weltweit Elektrobusse und landete jüngst auf Rang drei der Liste „Change the World“ des US-Wirtschaftsmagazins „Fortune“.
Bald steigen zudem internationale Marken in großem Stil in den chinesischen E-Markt ein. Sie alle profitieren ebenso wie erfolgreiche Start-ups auch künftig von der 2019 eingeführten Elektro-Quote und der Bevorzugung von Stromern bei der Zulassung. Doch manches Start-up wird in den nächsten Jahren wohl auf der Strecke bleiben.
Erfahren Sie mehr über die Strategie von Byton im Automobilwoche New Mobility Podcast: Redakteurin Agnes Vogt im Gespräch mit Byton-Chef Daniel Kirchert:
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