Nachdem in der vergangenen Woche vier Corona-Fälle beim Automobilzulieferer Webasto bestätigt waren – der fünfte folgte erst später –, schloss die Firmenleitung richtigerweise die Firmenzentrale und schickte die Mitarbeiter fürs Erste ins Homeoffice. Dass man im Anschluss daran just am Stockdorfer Firmensitz zu einem Pressestatement einlud, war vielleicht etwas seltsam. In jedem Fall ist die Welle der Vorsichtsmaßnahmen, um die Mitarbeiter zu schützen, in der Autoindustrie voll angelaufen. Vom Verbot von Dienstreisen von und nach China über Freistellung und Abzug von Mitarbeitern vor Ort bis hin zu lange geplanten, jetzt abgesagten Produktvorstellungen im größten Automarkt der Welt.
Toyota, Volkswagen und Bosch haben bereits den Produktionsstopp über die chinesischen Neujahrsfeiertage hinaus verlängert. Andere Hersteller und Zulieferer werden folgen. Wenn es der chinesischen Regierung nicht gelingt, das Virus in kurzer Zeit unter Kontrolle zu bringen – wovon im Augenblick trotz drastischer Maßnahmen nicht auszugehen ist –, droht ein echter globaler Stresstest für die Autobranche. Denn viele Elektrokomponenten und Elektroniksysteme werden in China gefertigt und aus China geliefert. Es wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die Lieferketten reißen. Dann stünden auch hier in Europa Bänder still. Denn es reicht, wenn nur ein Teil fehlt, wie wir aus dem Streit des Sitzeherstellers Prevent mit Volkswagen wissen. Stark gefährdet wäre ganz sicher die Produktion von Elektroautos. Die Lage imangespannten Markt für Batterien würde sich dramatisch zuspitzen, wenn allein bei CATL keine Batteriezellen mehr gefertigt werden würden.
Für die gesamte Autoindustrie hätte ein solches Corona-China-Szenario verheerende Auswirkungen auf die Wertschöpfung und käme zur völligen Unzeit. Die in der vergangenen Woche von den Regierungsparteien beschlossenen Erleichterungen für Kurzarbeit in der Autobranche würden dann zwingend gebraucht, nicht nurwegen des im Kanzleramt besprochenen und gewollten Strukturwandels.
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