München. Rund 76 Prozent aller Unfälle im Straßenverkehr sind auf einen Fahrfehler zurückzuführen, fand die Projektgruppe „2010 Intelligent Car Initiative“ der Forschungsstelle der Europäischen Kommission heraus. Assistenzsysteme, die den Fahrer entlasten, vor einer Gefahrensituation warnen oder notfalls sogar eingreifen, sind daher ein Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit. Dank ABS- und ESP-Sensorik erkennt der Wagen Fahrfehler schon heute. Mithilfe von Radar- und Kamerasystemen können Autos inzwischen „sehen“, dank entsprechend programmierter Software richtig reagieren und demnächst sogar mit Wireless-LAN-Technologie miteinander kommunizieren. Mitte 2010 plant die Forschungsinitiative „Aktiv“ (Adaptive und Kooperative Technologien für den Intelligenten Verkehr), weiterentwickelte Assistenzsysteme zur Marktreife zu bringen. Dazu zählt unter anderem ein in vierjähriger Forschungsarbeit entwickelter Kreuzungsassistent. Dieser soll den Fahrer beim Überqueren einer Kreuzung sowie beim Ein- und Abbiegen unterstützen und gegebenenfalls auch aktiv eingreifen. „So hoffen wir, die Zahl der Verkehrsunfälle zu reduzieren und trotz steigenden Verkehrsaufkommens den Verkehrsfluss zu erhalten“, erläutert Eberhard Hipp, Aktiv-Koordinator und Leiter der Technischen Vorentwicklung bei MAN Nutzfahrzeuge.
An dem mit 15 Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt beteiligen sich 29 Autohersteller, Zulieferer, Elektronikspezialisten und Forschungsinstitute. Bereits serienreif ist die Automatische Notbremsung, mit der etwa der Lexus LS 460 ausgerüstet ist. Der US-Zulieferer TRW arbeitet hier mit einem kostengünstigen 24-Gigahertz-Mittelbereichsradar, das einen Bereich von bis zu 150 Meter vor dem Fahrzeug erfasst. Da das Spektrum bei Radar zwar weitreichend, aber schmal ist, sammelt eine Videokamera mit großem Erfassungsbereich zusätzlich Bildinformationen. Alle 40 Millisekunden werden diese Informationen abgeglichen. Berechnet das System eine kritische Situation, muss diese von allen Sensor-Datensätzen unabhängig voneinander verifiziert werden, um nach einer Fahrerwarnung die selbsttätige Notbremsung auszulösen. Eine Verkehrszeichenerkennung ist optional für den Opel Insignia und den neuen Siebener-BMW erhältlich. „Opel Eye“ nennt der Rüsselsheimer Hersteller das zusammen mit Hella entwickelte System, das nicht nur Geschwindigkeitsbegrenzungs- und Überholverbotsschilder lesen, sondern auch ihre Aufhebung erkennen kann. „Bei der Arbeit mit ,Opel Eye‘ haben wir die Fähigkeiten des Systems weiterentwickeln können. So haben in Deutschland Autobahn-Fahrspuren teilweise unterschiedliche Tempolimits, und das Kamerasystem ist in der Lage, zuverlässig das jeweils zutreffende zu erkennen“, sagt Christoph Schmidt, Leiter Elektronikentwicklung für den Insignia.
Die Verkehrszeichenerkennung, die beim Insignia mit einem Spurhalteassistenten gekoppelt ist, verringert nicht nur die Unfallgefahr, sondern hilft auch, Bußgelder zu vermeiden. Neben den auf Fahrsicherheit ausgerichteten Assistenzsystemen gibt es auch jene, die dem Fahrer die Bedienung erleichtern und den Komfort erhöhen: Scheibenwischer mit Regensensoren, automatisch einschaltendes Abblendlicht oder Parkassistenten. Letztere erkennen selbsttätig eine geeignete Lücke am Fahrbahnrand. Bei einigen Systemen erhält der Fahrer im Display die Information, wie stark er das Lenkrad einzuschlagen hat. Der französische Zulieferer Valeo hat den halbautomatischen Parkassistenten „Park4U“ entwickelt, der ab 2009 in noch kleinere Lücken als heutige Systeme findet – nötig sind 40 Zentimeter Abstand vorne und hinten – und demnächst auch allein ausparken wird.