Herbert Diess gibt Gas. Herbert Diess macht Druck. Und mit seiner Strategie macht der Vorstandsvorsitzende des VW-Konzerns alles richtig. Angefangen bei der ID-Offensive und den geplanten Batteriefabriken über das Entwicklungszentrum Campus Sandkamp bis hin zum eingeschlagenen Weg zur Software-Company. So geht Transformation.
Aber sie geht eben nicht nach dem Motto "Wasch mich, aber mach mich nicht nass". Den Zulieferern hat Diess in seiner Brandrede auf der IZB 2019 unmissverständlich klargemacht, wohin die Reise geht. Gleiches tut er unermüdlich im eigenen Unternehmen. Nur dass er eben hier permanent gegen die Wand läuft, aufgrund der historisch gewachsenen Gewerkschaftsmacht und des Primärinteresses des Landes Niedersachsen, welches seit jeher die Zahl der Arbeitsplätze über die notwendigen Maßnahmen im Konzern stellt. Dieses Problem bei Volkswagen ist systemimmanent. Der VW-Konzern hat rund 660.000 Mitarbeiter. Toyota benötigt für eine fast gleiche Anzahl Fahrzeuge nur 360.000.
Ein ähnliches Verhältnis gab es schon 2002, als Ferdinand Piëch den Vorstandsvorsitz an Bernd Pischetsrieder übergab. Der Patriarch selbst hatte nie den Mut, sich gegen die Mitarbeiterseite zu stellen. Weil er wusste, dass er nur scheitern kann. So wie Super-Sanierer Wolfgang Bernhard, der in seiner Zeit als Chef der Marke Volkswagen alles daransetzte, den Laden auf die erforderliche Effizienz zu trimmen. Bernhard wurde nicht müde, die Vergleichskennzahlen vorzubeten, wenn auch damals noch ohne Tesla, um deutlich zu machen, wie sehr VW der Konkurrenz hinterherhinkt.
Diess könnte genauso scheitern wie jeder Sanierer vor ihm, der das VW-Problem angepackt hatte. Im Fall, dass es so kommt, böten sich auch hier die Abschiedsworte von Martin Winterkorn an Wolfgang Bernhard an: ein Dank für die Arbeit, alles Gute für die Zukunft und die Würdigung, dass er die Restrukturierung weiter vorangebracht und damit die Produktivität im Konzern erhöht habe. Und danach geht es beim Staatskonzern weiter wie bisher.
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