Osnabrück. Ferdinand Piëch ist bekannt für kurze Sätze: "Meine Formel 1 ist das Ein-Liter-Auto“, pflegt der Aufsichtsratschef von VW Fragen nach einem Einstieg des Wolfsburger Fahrzeugherstellers in die Königsklasse des Motorsports zu beantworten. Und der Konzernpatriarch ist nicht gern Zweiter: "Da gewinnt man immer“, merkt Ingenieur Piëch mit Blick auf das Projekt eines besonders verbrauchs- und emissionsgünstigen Zweisitzers an.
Wie wahr. Mit dem XL1, der zur Jahresmitte startenden Serienversion des Ein-Liter-Autos, darf sich VW in vielerlei Hinsicht als Sieger fühlen. Zum einen wird dessen Durchschnittskonsum von 0,83 Liter Diesel pro 100 Kilometer auf absehbare Zeit kaum ein anderes vollwertiges Auto unterbieten. "Leider rundet die Zulassungsstelle die zweite Zahl hinter dem Komma auf“, sagt VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg. "Somit ergibt sich amtlicherseits der Verbrauchswert 0,9.“ Lediglich 21 Gramm CO2 pro Kilometer stößt der Zweizylinder-TDI aus.Zum anderen baut VW mit dem XL1 einen "Leuchtturm“ (Hackenberg) für die geplante Plug-in-Hybridoffensive des Konzerns, an dem sich andere Marken orientieren. Die Premiumtochter Audi etwa wird auf dem Genfer Salon den A3 e-tron zeigen. Dessen TFSI-Benziner und ein Elektromotor bescheren dem kompakten Plug-in-Hybridauto eine Systemleistung von 204 PS und bullige 350 Newtonmeter Drehmoment. "Die Elektrifizierung des Antriebs, vor allem mit der Plug-in-Technologie, spielt in der Strategie der Marke eine entscheidende Rolle“, soAudi-Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer. Sein VW-Kollege Hackenberg sagt: "Wir treiben die Idee des XL1 weiter und werden sie über das hohe Volumen unseres Modularen Querbaukastens demokratisieren.“Doch auch weit unterhalb des VW Golf, der wie der Audi A3 auf dem MQB basiert, will VW Plug-in-Hybride bringen. So passt der Antrieb des XL1 in den Motorraum des VW-Kleinwagens Up. "Damit werden wir ziemlich nahe an einen Durchschnittsverbrauch von einem Liter kommen“, kündigt Hackenberg an. Beim VW Golf mit Plug-in-Hybrid rechnet der Chefingenieur mit einem CO2-Ausstoß von "rund 35 Gramm“.Ferdinand Piëchs Formel 1
Das Ein-Liter-Auto von VW ist serienreif - der XL1 kommt zur Jahresmitte auf den Markt. Seine Technik soll auch in anderen Modellen des Konzerns eingesetzt werden und deren Verbrauch senken.
Marken- und marktübergreifende Zusammenarbeit
Neben der Funktion des XL1 als Leuchtfeuer für alternative Antriebe dürfte sich Piëch an der marken- und marktübergreifenden Zusammenarbeit erfreuen, die das Ein-Liter-Auto erzwungen hat. So wurden die Verstellschienen des Fahrersitzes als sogenannte Übernahmeteile vom Indien-Polo entlehnt, den VW in Pune produziert. Die Sprengschrauben an den Flügeltüren, die im Falle einer Dachlandung des XL1 dessen Flügeltüren pyrotechnisch lösen, stammen von Lamborghini. Alle LEDs der Hauptscheinwerfer von Zulieferer Visteon gehören ohnehin zum Fundus von VW. Und der XL1-Bremskraftverstärker fand sich in Audis Teileregal. "Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden“, begründet Projektleiter Holger Bock derlei "Maßnahmen der Kostenhygiene“.
Manchmal aber doch: Die XL1-Räder lässt VW aus Magnesium schmieden. Als Sonderanfertigung.