München. Kampagnen, über die junge Frauen in männlich dominierte Berufe gelockt werden sollen, gibt es immer wieder. „Der Erfolg ist bescheiden“, sagt Soziologie-Professorin Beate Krais von der TU Darmstadt. Krais hatte im Rahmen einer Studie Ende 2006 knapp 9000 berufstätige Absolventen und Absolventinnen der Ingenieurwissenschaften sowie der Fächer Chemie, Physik und Informatik befragt. Das Ergebnis: Frauen haben in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen weniger Erfolg als Männer – unabhängig von Alter, Wirtschaftszweig, Studienabschluss und Qualifikation. Frauen- Karrieren entwickeln sich langsamer und stagnieren früher, fand Krais heraus. Frauen sind schlechter in den Betrieb integriert als Männer und werden weniger gefördert. Stefanie Ulrich, Personalgeschäftsführerin bei Audi im Werk Brüssel, hält eine verbindliche Frauenquote für ein zielführendes Instrument. „Bei der Einstellung von Trainees peilen wir einen Anteil von 20 Prozent an“, so Ulrich. Studien belegen laut Ulrich, dass sich ein Frauenanteil von 20 Prozent positiv auf eine Gruppe auswirkt. Da das Bauen von Autos immer Teamwork ist, sei dies ein nicht unwichtiger Faktor, so Ulrich.
Mitte 2008 betrug der Frauenanteil bei Audi allerdings nur 12,1 Prozent. Auch durch entsprechende Maßnahmen ist die Frauenquote in den vergangenen zehn Jahren um 30,5 Prozent gestiegen. So fördert Audi Kinderkrippenund Kindergartenplätze gezielt für die eigenen Mitarbeiter, erleichtert Müttern bis zu sieben Jahren nach der Geburt ihres Kindes den Wiedereinstieg und bietet diverse Arbeitszeitformen wie Telearbeit, Teilzeit oder Sabbaticals an. Frauen, die eine Karriere in der Automobilindustrie anstreben, benötigen unbedingt einen guten technischen Hintergrund, betonen die Personalverantwortlichen der Autohersteller unisono. Und selbst dann müssen sich die meisten Ingenieurinnen erst durchbeißen. „Eine Ingenieurin ist auch 2008 immer noch eine Ausnahme in der Männerwelt“, weiß Rita Forst, Executive Director Product Engineering bei GM Powertrain Europe. „Das zu ändern, wird Jahre dauern, falls wir überhaupt jemals einen gleich hohen Frauenanteil haben werden.“ Dem kann die Fiat- Ingenieurin Cristina Siletto nur zustimmen: „Frauen werden durch ihre Familien und die Gesellschaft meist öfter zu einem Kunststudium motiviert, als dass sie für ein Technikstudium begeistert werden.“ Denn immer noch trauen sich viel zu wenige Frauen ein Ingenieurstudium zu, weiß Audi-Managerin Ulrich.
Dabei haben Frauen mit entsprechender Kompetenz sehr gute Chancen in der Autoindustrie, so Ulrich. Warum, das erklärt Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche: „Die Anzahl unserer Kundinnen im Bereich Mercedes-Benz und Smart steigt kontinuierlich an. Um den Wünschen und Interessen dieser Kundinnen gerecht zu werden, fördern wir Frauen mit technischer und naturwissenschaftlicher Ausbildung.“ Auch für den global tätigen Zulieferer Bosch ist der Anteil von Technik- affinen Frauen im Unternehmen ein zentrales Ziel. „Unser Frauenanteil soll – auch in Führungspositionen – nachhaltig erhöht werden“, sagt Sabine Zahnert, Personalreferentin beim Zulieferer in Stuttgart. Rund 80 Prozent der neu eingestellten Akademiker bei Bosch sind Ingenieure und Naturwissenschaftler.
Der Frauenanteil soll laut Zahnert auf jeden Fall erhöht werden. „Frauenförderung ist kein Programm, sondern eine Denkweise bei Bosch“, erklärt die Personalreferentin. Sehr viele Frauen haben inzwischen begonnen, sich in Netzwerken zu engagieren, um der männlichen Unternehmens- und Arbeitskultur zu trotzen. Ein deutsches Netzwerk ist beispielsweise Femtec in Berlin, wo sich Frauen in Ingenieur- und naturwissenschaftlichen Berufen organisiert haben. Bosch, Daimler und auch Porsche unterstützen Femtec. Neben diesem existiert aber auch ein global aktives Frauen-Network namens INWES (International Network of Women Engineers and Scientists).