Herr Andersson, wie wirken sich die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine auf Lada aus?
Russland ist unser größter Markt, nicht die Ukraine. Die politische Instabilität macht unser Geschäft nicht unbedingt leichter. Andererseits kommt ein gewisser Nationalismus uns bei Lada zugute. Und der schwächere Rubel hilft uns, da Lada drei Viertel aller Komponenten aus diesem Währungsraum bezieht.
Wie wichtig sind Europa und Deutschland für das Geschäft von Lada?
Deutschland ist ein sehr interessanter Markt, aber noch haben wir dafür nicht die richtigen Produkte. Im Export konzentrieren wir uns momentan auf Kasachstan, die Ukraine, Aserbaidschan und Weißrussland. Wir sind auch recht stark in Ägypten und Tunesien sowie in Peru und Nicaragua. Mit den besagten neuen Modellen wollen wir in Europa stark zulegen.
Sie wollen den Marktanteil von Lada in Russland bis 2016 auf 20 Prozent steigern – wie soll das gelingen in einem absehbar schwierigen wirtschaftlichen Umfeld?
Im vergangenen Jahr lag unser Marktanteil hier bei 16 Prozent, und in zwei Monaten des ersten Halbjahres 2014 haben wir bereits über 17 Prozent erreicht. Für weitere Zuwächse arbeiten wir an drei Kernthemen. Erstens verbessern wie die Qualität unserer aktuellen Modelle. Davon bringen wir, zweitens, bald interessante Ableger, etwa eine Cross-Version des Kalina. Und ab September 2015 stellen wir drei ganz neue Autos vor.
Was plant Lada da konkret?
Eine B-Segment-Limousine: Der neue Vesta ist eine Lada-Eigenentwicklung, wird die europäischen Sicherheitsstandards erfüllen, Euro-6-fähig sein und ab 8000 Euro angeboten werden. Zudem kommt das SUV Xray und der allradgetriebene Lada Xray Cross. Beide basieren auf Renault-Plattformen und werden unter anderem mit günstigem Verbrauch überzeugen.
Will Renault-Nissan den Anteil am Lada-Mutterkonzern AvtoVAZ noch erhöhen?
In Form der Alliance Rostec Auto BV mit Sitz in den Niederlanden besitzen Renault-Nissan und der russische Staat ja bereits 74,51 Prozent an AvtoVAZ. Alles Weitere wird man sehen.
Wo setzen Sie an, um in zwei Jahren auf sechs Prozent Umsatzrendite zulegen zu können?
Leider haben wir in den vergangenen zwei Jahren Geld verloren. Daher arbeiten wir intensiv an unseren Fix-, Material- und Verwaltungskosten, die zu hoch sind. Das Produktionsvolumen ist noch zu niedrig; 2013 haben wir weltweit 530.000 Autos verkauft. Und die Preise kann Lada gegenüber Modellen der Wettbewerber noch attraktiver gestalten.
Sind Sie zufrieden mit den russischen Zulieferern und der lokalen Wertschöpfung?
Ja und Nein. Zum einen verfügt Russland inzwischen über viele leistungsfähige Lieferanten. Auf der anderen Seite aber ist AvtoVAZ zu stark abhängig von einigen Monopolisten. Daher will ich mehr Transparenz und Wettbewerb in den Lieferbeziehungen schaffen. In Zukunft könnten wir etwa bestimmte Autoteile kosten günstig aus der Türkei importieren
Welche anderen Autohersteller gelten bei Lada als Benchmark?
Bei General Motors können wir bewährte Prinzipien der Fahrzeugproduktion lernen. Von VW weiß ich aus meiner Zeit bei der GAZ-Gruppe, dass die Deutschen im Engineering, etwa bei der Karosseriesteifigkeit, führend sind. Renault kann uns bei den Antriebssträngen unterstützen, Nissan wiederum steht für hohe Qualität. Wir schauen uns die jeweils besten Konzepte äußerst aufmerksam an.
Können Sie schon erste Erfolge vermelden?
In meinen ersten fünf Monaten bei Lada haben wir uns auf die Produktion fokussiert. Im Management dort konnten wir die Hierarchieebenen von neun auf fünf reduzieren. Wir haben die Produktivität um 25 Prozent verbessert und bei der Qualität um 20 Prozent zugelegt. In Togliatti bauen wir täglich 2400 Autos – bis zum Jahresende sollen es 3000 sein.
Wie wichtig sind alternative Antriebsarten?
Lada kann bei Elektrofahrzeugen schon auf Erfolge verweisen, und wenn wir mehr von der Technologie benötigen sollten – Nissan ist in diesem Sektor der weltweit führende Anbieter. Auf dem russischen Markt werden CNG- und LPG-Motoren immer wichtiger. Daher beschäftigt sich Lada intensiv mit Gasantrieben.
Muss Lada auch die Wachstumsmärkte Brasilien, Indien und China erschließen?
In nächster Zeit nicht. Wir wollen uns vielmehr auf zehn Kernmärkte konzentrieren, in denen wir wirklich wettbewerbsfähig sein können. Die Schlüssel sind unsere Produkte. Wir müssen etwa stärker werden in Schweden, Norwegen und Finnland, wo die klimatischen Verhältnisse jenen in Russland ähneln und viele Straßen einen Vierradantrieb erfordern.
Welche Autohersteller werden in zwei Jahren zu den schärfsten Rivalen von Lada zählen?
Ich bin davon überzeugt, dass wir uns auf intensiveren Wettbewerb mit den chinesischenKonkurrenten einzustellen haben. Geely ist schon jetzt recht erfolgreich in Russland tätig, Lifan auch. Und natürlich werden wir weiterhin stark mit VW und GM konkurrieren.
Welche Projekte wollen Sie persönlich im nächsten Halbjahr vorantreiben – und was steht im Geschäftsjahr 2015 an?
In erster Linie möchte ich den Stolz zu Lada zurückbringen. Wir haben viele gute Mitarbeiter, die sich wieder mehr Erfolg im Autogeschäft wünschen. Wie gesagt – für 2016 peilen wir 20 Prozent Marktanteil in Russland an, sechs Prozent Umsatzrendite und einen positiven Cash-flow. An den Kostenstrukturen werden wir weiter feilen. Und mit allen Karosseriederivaten und Motorisierungen wollen wir in Zukunft alle drei Monate eine Neuheit vorstellen. Sie muss nicht unbedingt für großes Volumen stehen, aber technisch und optisch reizvoll sein. So wie der Lada Kalina Cross, der in diesem September startet. Die Leute sollen sagen: „Ja, es ist nur ein Lada“. Aber sie sollen zugleich sehr stolz darauf sein.