München. Die globale Auto-Community scheint derzeit wie elektrisiert: Wo man hinschaut, werden einem auf Messen, zuletzt in Detroit, bei Präsentationen und in Imagebroschüren Prototypen von Elektroautos unter die Nase gehalten. General Motors und Chrysler scheinen darin einen Ausweg aus ihrer Krise zu sehen, für VW-Chef Martin Winterkorn ist es die Zukunft des Fahrens, und die Bundesregierung will bis 2020 eine Million E-Autos auf den Straßen haben. Alle scheinen begeistert zu sein. Alle? Hat schon mal jemand die Kunden gefragt? Tatsächlich gibt es Umfragen, die zu den erwarteten – und bezahlten – Resultaten führen: Danach wollen 46 Prozent der Autofahrer elektrisch fahren. Ob das die gleichen Befragten sind, die zuvor schon den Kauf eines Dreiliterautos von VW oder eines Hybrid von Toyota angekündigt haben? Leider hat keines dieser Fahrzeuge einen Marktanteil von 46 Prozent erreicht. Und das dürfte auch dem Elektroauto auf absehbare Zeit schwerfallen.
Professor Dudenhöffer glaubt zwar, 2025 würde es nur noch E-Mobile geben, aber es geht hierbei nicht um Glaubensfragen, sondern um Fakten. Und die sprechen gegen den schnellen Elektro-Boom. So hat Greenpeace errechnet, dass jeder der 50 Elektro-Mini, die in Berlin getestet werden, wegen der Kohlekraftwerke des Stromlieferanten Vattenfall 133,5 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. Das sind 29,5 Gramm mehr als der Mini Cooper D. In Kalifornien, wo bald 500 E-Mini ihre Runden drehen, dürfte der CO2-Wert noch verheerender sein. Gespannt bin ich auf die erste Umweltbilanz, die auch die Produktion der Autos einschließt. Lithium-Ionen-Akkus und Elektromotoren zu bauen, erfordert einen hohen Energieeinsatz. Warum aber ausgerechnet die US-Hersteller, die aktuell am Abgrund stehen, ihre Rettung in einer Technologie sehen, die frühestens nach 2020 einen positiven Beitrag in die Gewinn-und-Verlust-Rechnung einbringen kann, das begreife, wer will.
Zu all dem vermasselt der Elektro-Hype den Herstellern auch noch das Tagesgeschäft. Denn nicht wenige potenzielle Autokunden glauben, sie könnten sich bald ein strombetriebenes Auto kaufen und warten deshalb mit dem Kauf eines Neuwagens ab. Diesen Menschen sollte jemand sagen, dass ihr aktueller Wagen ein Youngtimer sein wird, bis sie sich ein vergleichbar leistungsstarkes Elektroauto leisten können. Kleiner Trost: Die Zeit bis dahin kann mit tollen neuen Autos überbrückt werden, die leider immer noch etwas Benzin oder Diesel verbrennen.