In Amerika sagen sie, ein Auto besteht aus Schrauben und Muttern. Vielleicht sagt man heute Nuts and Bolts and Software. Aber daneben braucht es auch Garn, Stoff, Nadeln und Nähmaschinen. Genauso wie Kleber, Gummi oder Glas. Und natürlich noch vieles andere mehr aus zahlreichen weiteren Branchen, wie man auf den Anzeigenseiten "Wir sind Auto" in den letzten beiden Ausgaben von Automobilwoche sehen konnte: vom Logistikunternehmen über den Anlagenbauer bis hin zur Marketingagentur. Die Wirtschaftsweisen scheinen dies zu negieren. Kein Wunder also, dass viele Politiker glauben, dass man für ein Auto nur einen Hersteller und einen klassischen Zulieferer für Stanz- und Biegeteile braucht.
Hat das unsere Kanzlerin vielleicht erkannt? Warum lädt sie urplötzlich die Autobosse zum Gipfel ins Kanzleramt? Letztlich machen zwei oder drei Prozent weniger Mehrwertsteuer eben keinen ökonomischen Frühling, geschweige den einen "Wumms". Da wäre es zielführender, den nationalen Wettbewerbsvorteil zu stärken, auch wenn das Auto auf der Beliebtheitsskala in der Politik nicht mehr ganz oben steht.
Die Chancen für eine technologieoffene Abwrackprämie wie 2010, die übrigens auch damals von führenden Ökonomen fast ausnahmslos abgelehnt wurde und dennoch gewirkt hat, stehen plötzlich gar nicht so schlecht. Bei einem Alter des deutschen Fahrzeugbestands von zehn Jahren wäre dieses Modell ein Selbstläufer. Neben dem Umwelteffekt durch neue, effizientere Motoren würde solch eine Maßnahme eben beides befeuern: den Konsum und die Auftragslage. Ist dieser Schritt folglich nicht alternativlos, wenn es um die wirtschaftliche Erholung und den Wohlstand in unserem Lande geht? Grünen Populismus und eine erboste Greta for Future würde die Kanzlerin aushalten. Denn auf den Wumms, beispielsweise vom Bäcker und Stadtrat bei mir im Ort, kann sie nicht zählen. Der gibt die nicht reduzierte Mehrwertsteuer lieber an seine Verkäuferinnen weiter. Oder spendet die zwei Cent auf jede Butterbreze. Ich vermute, an den BUND.
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