Audis Chefingenieur Hans-Joachim Rothenpieler erklärt im Interview seine Agenda. Auf der Prioritätenliste oben: den Mannschaftsgeist stärken.
Herr Rothenpieler, wo haben Sie zum Start bei Audi Handlungsbedarf ausgemacht?
WLTP hat uns 2018 vor große Probleme gestellt. Die Umstellung war ein Stresstest, den wir nicht gut bestanden haben. Mein Ziel ist, dass derlei bei Audi nie wieder passieren wird. Außerdem hatten wir in der Technischen Entwicklung zuvor viele Chefwechsel. Es war wichtig, die Entwicklerteams wieder stolz zu machen – und selbstbewusst.
Der Mutterkonzern VW zieht eine Fertigung für Batteriezellen hoch. Kann Audi davon profitieren?
Der VW-Konzern hat einen genauen Etappenplan für die nächsten Jahre aufgesetzt, vondem natürlich auch Audi profitiert. Zuerst bauen wir Know-how bei Lithium-Ionen-Batterien auf und starten eine Pilotfertigung. Dann entwickeln wir eigene Zellen und erforschen die Feststoffbatterie. Ab 2025 bauen wir eine eigene Zellfertigung für beide Batterieformen in Europa auf.
Welche Potenziale sieht Audi in der Weiterentwicklung der vielen synthetischen Kraftstoffe?
Wir haben vor gut acht Jahren mit der Forschung an E-Fuels begonnen. Seit sechs Jahren ist unsere E-Gas-Anlage in Werlte am Netz. Wir sehen große Potenziale. Zum Portfolio zählt auch der Audi E-Diesel. Aktuell läuft die Planung für eine konkrete Anlage in der Schweiz.
Ihr Markenclaim lautet "Vorsprung durch Technik". Wo setzen Sie hier neue Akzente?
Da ist uns in den vergangenen Jahren ein wenig verloren gegangen, auch durch die Dieselkrise. Doch mit der E-Mobilität etwa zeigen wir innovative Lösungen, die qualitativ hochwertig sind und großen Alltagsnutzen liefern. Unser neues SUV e-tron ist nicht nur ein E-Auto, sondern ein E-Audi. Schnellladen, Thermomanagement, integriertes Bremsregelsystem – da beweisen wir Vorsprung durch Technik. Das gilt auch für die virtuellen Außenspiegel sowie das Matrix-LED- und Laserlicht, um nur einige Beispiele zu nennen.
Audi hat Kompetenzen beim autonomen Fahren. Wann rechnen Sie mit der Umsetzung welcher Level – und wo?
Hier gibt es enorme Unterschiede zwischen China, Europa und den USA. In China erwarten wir, die Möglichkeiten einer optimierten Infrastruktur beim Städteneubau nutzen zu können. Die Randbedingungen für automatisiertes Fahren sind günstiger, wenn man auf eine gut ausgebaute Vehicle-to-Infrastructure- und Car-to-Car-Kommunikation aufsetzen kann. In den USA und Europa ist man dagegen aufgrund der städtebaulichen Gegebenheiten stärker von der Sensorik der Fahrzeuge, wie Kameras und Laserscanner, abhängig. Alles in allem wird der Weg zu höheren Automatisierungsstufen länger dauern, als alle gedacht haben.