Design ist Geschmackssache. Doch wer aufmerksam über den Genfer Auto-Salon schlenderte – traditionell die Messe der Designer –, konnte eine gewisse Rat- und Orientierungslosigkeit feststellen, wie es mit dem Automobildesign weitergeht. Ferrari blieb mit seinem LaFerrari der Linie treu, nicht wirklich schöne, sondern eher spektakuläre Autos zu bauen. Der Alfa Romeo 4C hat seine attraktiven Seiten. Die Scheinwerfer, offenbar aus der untersten Schublade eines Vorstadt-Tuners geholt, gehören sicher nicht dazu. Der viel beachtete Qoros aus China kopiert gleich mehrere westliche Marken: Fronthaube vom Passat, Heck von BMW, Armaturenträger von Škoda. Mercedes sollte sich Sorgen machen, weil man die Kreuz-und-quer-Linien des aktuellen Designs in China offenbar nicht für kopierwürdig hält.
Die Designlinie von BMW hingegen ist stimmig und schnittig. Das hilft über die nachlässige Karosserieverarbeitung, die Fuge quer zur Motorhaube und die zu großen Radien der Karosseriekanten hinweg. Schade: Etwas mehr Liebe zum Detail, wie etwa schärfere, präzisere Kanten, und das BMW-Design wäre herausragend. Was die sichtbare Qualität angeht, ist der gesamte Volkswagen-Konzern derzeit kaum zu schlagen. Der Golf Variant, einst ein pummeliger Kombi, sieht in der jüngsten Generation richtig schnittig aus – samt von BMW entlehntem Hofmeister-Knick.
Peter Schreyer geht bei Kia unbeirrt seinen Weg Richtung europäische Schlichtheit mit präzisen Kanten und Flächen. Kein Wunder, dass er nun auch das überfrachtete Hyundai-Design beaufsichtigen soll. Herausragendes oder wirklich Neues fand sich jedoch selten in Genf: Das Autodesign kopiert sich derzeit selbst. Die Designer sind offenbar zu viel auf Automessen unterwegs. Sie sollten sich eher in Musterhaussiedlungen und Möbelhäusern umsehen. Die meistverkauften Möbelstücke sind übrigens seit Jahren das weiße "Billy“-Regal und der "Lack“-Beistelltisch von Ikea. Und das am häufigsten gebaute Haus in Deutschland ist das Modell "Flair 113“ von Town & Country. Diese Produkte überzeugen durch Schlichtheit. iPhones zum Wohnen. Ob sich davor Autos mit vielen geschwungenen Linien und ausladenden Kurven gut machen? Wohl kaum.