München. Hans-Jürgen Drechsler ist ein optimistischer Mensch. „Wir befinden uns zwar noch mitten im Geschäft mit Winterreifen, das auch in diesem Jahr schwungvoll läuft“, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) aus Bonn. „Die Branche bereitet sich aber schon intensiv auf das Geschäft mit Sommerreifen vor, das wir mindestens auf dem Niveau des Vorjahrs erwarten, eher leicht darüber“.
Reifenexperte Drechsler ist allerdings auch ein vorsichtiger Vertreter seiner Zunft – und so fügt er an: „Wir sehen bei unserer Prognose zwei wesentliche Einflussfaktoren, die durchaus erhebliche Risiken für die Entwicklung des Reifengeschäfts darstellen.“ Zum einen, so Drechsler, könnten Hersteller und Händler „beim besten Willen nicht verlässlich abschätzen, wie sich die Preise für wichtige Rohstoffe entwickeln werden“. Große Sorgen bereitet den Pneuproduzenten insbesondere der rasante Anstieg der Notierungen für Rohöl.
Das „flüssige Gold“ ist einer der bedeutendsten Grundstoffe in der Reifenfertigung. Ein Barrel (159 Liter) Rohöl der begehrten Sorte Brent kostete Ende Februar erstmals seit August 2008 wieder fast 120 Dollar. Tendenz steigend. Zumal die anhaltenden Unruhen in der arabischen Welt die Nervosität am Markt noch verstärken. „Wenn die Situation in der Region außer Kontrolle gerät, bekämen wir sicher eine neue Ölkrise“, befürchtet der Rohstoffspezialist Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel.
„Reifenkäufer werden sich in diesem Jahr auf mehrere Preisrunden einstellen müssen“, warnt Drechsler bereits. Zum anderen, gibt der Branchenkenner zu bedenken, „könnte die ohnehin schon angespannte Lage bei wichtigen Rohstoffpreisen von dem Problem der Verfügbarkeit dieser Rohstoffe noch verschärft werden“. Drechslers Befürchtung: „Das könnte dramatische Folgen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Reifengeschäft haben, da die vorhandenen Kapazitäten dann nicht mehr vernünftig ausgelastet wären.“