München. Wenig später wird bekannt, dass Ola Källenius, verantwortlich für Vertrieb und Marketing von Mercedes-Benz, in den Daimler- Konzernvorstand aufrückt. Während mit Krüger der neue Chef von BMW feststeht, gelten Källenius bei Daimler und Diess bei VW zumindest als mögliche Kandidaten für den Konzern- Chefposten. Damit haben innerhalb weniger Tage die drei deutschen Autohersteller einen Generationswechsel eingeleitet, der lange nachwirkt. Jüngere Manager sollen bestehende Denkmuster aufbrechen und neue Geschäftsmodelle vorantreiben. Gilt es doch, Herausforderungen wie Digitalisierung, Vernetzung und alternative Antriebe zu bewältigen. BMWs Großaktionär, die Familie Quandt, hat diese Entwicklung erkannt. Hinter den Kulissen haben Stefan Quandt und seine Schwester Susanne Klatten die Weichen gestellt. Wenn BMW im Frühjahr 2016 100. Geburtstag feiert, soll dort die nächste Manager- Generation in der Öffentlichkeit stehen, nicht mehr Norbert Reithofer (58) und Aufsichtsratschef Joachim Milberg (71). Wenn Harald Krüger, bisher BMW-Produktionschef, im Mai kommenden Jahres das Zepter im Vierzylinder übernimmt, ist er 49 Jahre alt. Der erfahrene Reithofer soll als Aufsichtsratschef seinen Weg kontrollieren, Milberg übernimmt Aufgaben im Stiftungswesen des BMW-Konzerns. Für den scheidenden Entwicklungsvorstand Diess wurde über Nacht ein Nachfolger gefunden: Klaus Fröhlich, der die neue Frontantriebsarchitektur bei BMW verantwortet hat. Umdenken auch bei Daimler: „Mit Ola Källenius stellen wir uns jünger und internationaler auf“, sagte Aufsichtsratschef Manfred Bischoff vor wenigen Tagen nach der Berufung des 45-jährigen Schweden in den Daimler-Vorstand. Källenius hatte den Absatz des Haustuners AMG in drei Jahren um 50 Prozent gesteigert. Dann führte er als Vertriebschef die Online-Plattform „Mercedes me“ ein. Daimler hat erkannt: Die Digitalisierung wird das Autogeschäft entscheidend verändern. „Themen wie Connectivity bringen völlig neue Elemente in die Auto-Welt“, sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management. „Die Geschäftsmodelle ändern sich vom Kauf bis hin zu anderen Nutzungsformen.“ Diese Entwicklung können am besten diejenigen managen, die in dieser Welt aufgewachsen sind.
Mobilitätskonzepte gefragt
„Ola Källenius passt da gut“, so Bratzel. Der Schwede gilt neben Produktionschef Markus Schäfer (49) und Chefeinkäufer Klaus Zehender (47) als Favorit für die Nachfolge von Daimler- Chef Dieter Zetsche, dessen Vertrag voraussichtlich 2015 frühzeitig um drei Jahre verlängert wird. Pkw-Vertriebschef Källenius führte bei Mercedes bereits erfolgreich die Strategie „Best Customer Experience“ ein. Unter der Dachmarke „Mercedes me“ bündeln die Stuttgarter Dienstleistungen wie Finanzierung oder Vernetzung im Internet. „Im VW-Konzern fehlen Angebote für das neue Kauf- und Nutzungsverhalten“, kritisiert Auto- Professor Bratzel. Mercedes und BMW hätten längst eigene Carsharing- Angebote. Innovative Geschäftsmodelle erforderten „den Mut, neue Wege zu gehen – VW wünscht man mehr Mut.“ Im Vorstand des VW-Konzerns steht ebenfalls ein Generationswechsel an. 2015 wird Martin Winterkorn 68 – und macht doch womöglich weiter bis zum 70. Lebensjahr. Personalvorstand Horst Neumann ist 65, Nutzfahrzeugchef Leif Östling sogar schon 69 Jahre alt. Für ihn wurde mit Andreas Renschler, 56, bereits ein deutlich jüngerer Nachfolger verpflichtet.
Vollblut-Ingenieure für VW
Renschler trägt, wie der künftige VW-Markenchef Diess, vom ersten Tage an die Bürde des Nachfolgekandidaten für Winterkorn. Diess ist ein Experte für Elektromobilität und mit der Konzernstrategie und den Produktplänen von BMW bestens vertraut. Er darf sich schon deshalb berechtigte Hoffnungen machen, auch wenn ihm das im Konzern nicht nur Freunde einbringt. Allerdings bleibt ihm nicht viel Zeit, sich zu profilieren. BMW pocht auf die Wettbewerbsklausel – Diess darf erst zum 1. Oktober 2015 in Wolfsburg loslegen. Was für Diess und Renschler spricht: Beide sind Vollblut-Ingenieure, wie sie Winterkorn und der mächtige VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch bevorzugen – und sie sind für VW-Verhältnisse geradezu jung. Das trifft auch auf Audi-Lenker Rupert Stadler zu, doch dem 51-Jährigen fehlt das Diplom im Maschinenbau. Er ist Betriebswirt. Chancen auf die Winterkorn-Nachfolge hat auch noch Porsche-Markenchef Matthias Müller – mit seinen 61 bei VW ein Mann in den besten Jahren. Egal, wer VW in Zukunft führen wird – wichtig ist, „die alte Welt der Spaltmaße mit der neuen vernetzten Welt zusammenzuführen“, meint Bratzel. „Entscheidend wird sein, wer den Kunden künftig erreicht.“ Vor allem der Kampf um Kundendaten mit den IT-Giganten Google und Apple werde die nächste Manager- Generation beschäftigen.