Vier Ringe unter Druck

Ingolstadt. Doch im vergangenen Jahr lagen die Münchner nicht nur bei Pkw- und Motorrad-Absatz klar vorn. Viel mehr schmerzt Audi der Imageverlust: BMW hat sich mithilfe des Elektro-Projekts i in der Öffentlichkeit als Leichtbauvorreiter und führende Technologiemarke einen Namen gemacht. Dabei galt Audi jahrelang als innovativster Autobauer, der sich in einem unglaublichen Kraftakt neben BMW und Mercedes als dritte Premiummarke etabliert hat. Mit Neuheiten wie Aluminium-Spaceframe, Quattro-Antrieb, TDI- und TFSI-Motoren erfüllte die Marke mit den vier Ringen ihr Versprechen „Vorsprung durch Technik“. Doch wo der Vorsprung geblieben ist, muss sich die Audi-Führung fragen lassen. Zwar feierte die VW-Tochter 2013 das vierte Rekordjahr in Folge. Dennoch steht Stadler unter Druck. BMW hat Ende 2013 das neue Elektroauto i3 eingeführt. Im Juni folgt der Hybrid-Sportler i8. Audis i3- Gegenspieler A3 e-tron mit Plugin- Hybrid kommt erst im September. Und der schon totgesagte Elektrosportwagen R8 e-tron wird nicht vor Frühjahr 2016 dem i8 Konkurrenz machen. Auch Wettbewerber Mercedes schläft nicht. Zwar wurde er von Audi 2013 zum dritten Mal beim Absatz geschlagen – aber er bringt in diesem Jahr wichtige Modelle, allen voran seine volumenstärkste Baureihe, die C-Klasse. Audi hingegen hat neben dem A3 e-tron nur den Sportwagen TT zu bieten. Analysten sagen Mercedes für 2014 die höchste Wachstumsrate unter den Premiummarken voraus. Zudem macht der kalifornische Elektroautospezialist Tesla Audi vor, was Vorsprung durch Technik auch bedeuten kann: Er fährt der etablierten Marke mit dem Elektrosportwagen Model S mit 500 Kilometern Reichweite davon. Ein Auto, das VW-Chef Martin Winterkorn gerne zuerst bei seiner Ingolstädter Tochter gesehen hätte. „Tesla verfolgt einen ganz anderen Ansatz“, rechtfertigte sich Stadler im Gespräch mit der Automobilwoche. „Von Audi wird ein Vollfunktionsauto erwartet. Wir müssen alltagstauglich sein und ausreichend Reichweite besitzen.“ Sein Ziel: Er will spätestens 2020 die Nummer eins unter den Premiumherstellern sein. Nur: Das wollen BMW und Mercedes auch – und die Münchner werden schon in diesem Jahr mehr als zwei Millionen Autos verkaufen. „Bis 2020 legen wir noch einmal eine Schippe drauf und gehen auf über 60 Modelle“, so Stadler. Aktuell sind es 50. Sein Vorteil: Audi profitiert bei der Wachstumsstrategie von den Baukästen des VW-Konzerns. „Die Anzahl und die Variabilität der Derivate, die auf dem Modularen Querbaukasten möglich sind, wird keiner unserer Kernwettbewerber in dieser Breite erzeugen können“, triumphiert Stadler. Und dann gibt es ja auch noch China. Immerhin ein Ort, an dem der Marktführer Audi einen gewaltigen Vorsprung hat.