Hildegard Wortmann kam von BMW zu Audi und will der Marke eine Frischzellenkur verpassen, wie sie im Automobilwoche-Interview sagt.
Frau Wortmann, Sie sind die erste Frau im Audi-Vorstand. Ist das für Sie ein Thema?
Natürlich, wenn es beiträgt, etwas zu bewegen. Ich merke das an dem starken Signalcharakter, der von meiner Besetzung ausgeht. Ich habe sehr viel Zuspruch von Audianerinnen und Audianern bekommen. Wenn ich ein gutes Beispiel sein kann, dann freut mich das sehr.Was möchten Sie in einem Jahr geschafft haben?Nach 72 Tagen bei Audi ist es noch ein bisschen früh, aber ich habe mir vorgenommen, die Legenden der Zukunft zu kreieren. Denn die Legenden der Vergangenheit werden nicht die der Zukunft sein können.Geben Sie uns ein Beispiel.
Der Quattro ist eine Legende der Vergangenheit, dann ist vielleicht e-tron die Legende der Zukunft.Passt ein alter Claim zu neuen Legenden? „Vorsprung durch Technik“ wurde in der Dieselkrise oft verballhornt. Ist er überhaupt zu halten?
Wegen dieser Headlines darf man die Ambition, dass wir Vorsprung zeigen wollen, nicht aufgeben. Das ist und bleibt der Kern der Marke. Ich finde den Claim fantastisch und zeitgemäßer denn je, und er muss neu aufgeladen werden. Früher war Vorsprung das maximal technisch Mögliche. In einer Gesellschaft, die sich sehr um Nachhaltigkeit bemüht, muss Vorsprung eine andere Rolle spielen.Nämlich welche?
Wir müssen weg vom Kalten, Technokratischen. Wir wollen nahbarer, wärmer, emotionaler und erlebnisorientierter werden. Es geht darum, Modernität, Progressivität, Lebensgefühl und Zeitgeist zu vermitteln. Wir müssen die Marke verjüngen.Fällt das „... durch Technik“ weg?
Auf keinen Fall. Die Bedeutung ist nur eine andere. Der Mehrwert für den Kunden steht im Vordergrund.VW hat auf der IAA den neuen Markenauftritt gezeigt, es wird bunter und diverser – geht es in dieselbe Richtung?
Nein. VW und Audi sind ganz unterschiedlich positioniert. VW ist ein toller „Volks“-Wagen und Audi steht für Sportlichkeit und Progressivität im Premiumsegment. Das geht mit anderen Visualisierungen einher. E-Autos unterscheiden sich von Verbrennern nur im Antrieb. Kann sich eine Marke darüber abgrenzen?Es geht ja um viel mehr: um das große Thema Nachhaltigkeit, die Haltung, die man damit zeigt, und um Konnektivität und Service.Die könnten Sie auch im Verbrenner haben.
Gibt es aber nicht. Der Aufbruch in das Zeitalter der E-Mobilität ist der Beginn einer neuen Welt. Schauen Sie nur, was sich im Innenraum verändert. Diese Kraft des Neuaufbruchs ist ein entscheidender Zeitpunkt für Audi, um sich neu aufzustellen.Das Interview führte Rebecca Eisert
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