Bei der Aufarbeitung der Diesel-Affäre sollte der Volkswagen-Konzern nach Analyse von Monitor Larry Dean Thompson eine neue Unternehmenskultur anstreben. "VW muss sich um eine weniger autoritäre Struktur bemühen, stärker dazu bereit sein, neue Ideen zuzulassen, schlechte Nachrichten zu akzeptieren", sagte der amerikanische Jurist im Interview mit der Automobilwoche. VW-Chef Herbert Diess sollte daher die Mitarbeiter zu "professional courage" aufrufen, zu Mut im beruflichen Kontext". Thompson betonte, er sei optimistisch, dass Volkswagen zu dem Konzern werde, den die Öffentlichkeit erwarte: "Aber das Schlimmste, meine größte Angst wäre, dass mir aus irgendeinem Grund etwas entgeht und ich die Zertifizierung vergebe – und plötzlich tritt ein Jahr später ein großes Problem auf. Ich würde mich persönlich verantwortlich fühlen." Allerdings verhielten sich laut Studien in jedem Unternehmen ungefähr fünf Prozent der Mitarbeiter unethisch, wenn sich die Gelegenheit dazu biete. Thompson: "Was wir also für VW entwickeln müssen, ist eine Methode, die es ermöglicht, auf den nächsten Compliance-Vorfall angemessen zu reagieren. Weil es einen nächsten Vorfall geben wird."
VW braucht weniger autoritäre Struktur
Wenn die Zertifizierung erteilt sei, bedeute das nicht, dass nie wieder ein Problem auftreten werde, stellte Thompson unmissverständlich klar: "Es ist mir wichtig, dass dies wirklich jedem bewusst wird. Aber Volkswagen wird in der Lage sein, offener, schneller und zeitnaher zu reagieren und somit durch ein robusteres und effektiveres Ethik- und Compliance-Programm seine Risiken erheblich zu reduzieren."
Die aktuellen Geschehnisse bei Audi sind auch für Thompson von Interesse. Auf die Frage der Automobilwoche, wie er die Verhaftung Rupert Stadlers beurteile, sagte der VW-Monitor: "Natürlich beobachte ich diese neue Entwicklung besonders aufmerksam."
Larry D. Thompson hatte im vergangenen Frühjahr seine Tätigkeit als unabhängiger Compliance Monitor und als Compliance Auditor begonnen. Seine Berufung war eine Auflage aus dem Vergleich, den VW mit der US-Regierung geschlossen hatte.
Weitere EXKLUSIV-Meldungen:
EXKLUSIV - Folgen der Umstellung auf WLTP: Volkswagen fürchtet um Marktanteile
EXKLUSIV - Schaeffler-Interview: Schaefflers bereuen Einstieg bei Continental nicht
EXKLUSIV - Personalumbau bei VW: Ralf Brandstätter aussichtsreichster COO-Kandidat
EXKLUSIV - Streit um Kostendruck: Mehr als 120 Zulieferer fordern faire Behandlung
Aus dem Datencenter:
Bilanzen des VW-Konzerns in der Ära Müller (2015 bis April 2018)