London/Miramas. Es geht um viel mehr für BMW. Um viel Geld, aber auch um den guten Ruf. Seit 2007 bastelt das Unternehmen an einem Auto, das Geschichte schreiben soll. Das Citycar, konzipiert für die Metropolen dieser Welt, muss ein Verkaufsschlager werden. Rund zwei Milliarden Euro haben die Münchner nach Schätzungen von Analysten bislang in das Projekt i investiert – für ein Zukunftsauto, wie noch keines in Serie auf den Markt gebracht wurde. Der i3 als erstes grünes Aushängeschild der Bayern fährt am 16. November vor. Zuerst wird er in Europa eingeführt, die USA und Asien folgen 2014. Im Münchner Vierzylinder, der BMW-Zentrale, mischt sich zunehmend Nervosität in die Aufbruchstimmung. Trotz zahlreicher Tests und Studien kann niemand garantieren, dass die Zeit für Elektromobilität wirklich reif ist. Zwar haben sich mehr als 90.000 Interessenten für eine Probefahrt angemeldet – aber werden sie die neue Technologie annehmen, werden sie den i3 trotz der eingeschränkten Reichweite, trotz eines lückenhaften Stromtankstellennetzes kaufen? BMW sagt ja – und wettet auf die Zukunft. Technisch hat sich der Konzern einen Vorsprung von mehreren Jahren gesichert. Der Kompaktwagen hat eine Fahrgastzelle aus Carbon, einen eigens entwickelten Elektroantrieb und wartet mit einer Fülle an neuen Mobilitätsdienstleistungen auf. „Eins steht fest: Der BMW i3 ist bisher das innovativste Auto des 21. Jahrhunderts“, sagt Niranjan Thiyagarajan von der Unternehmensberatung Frost & Sullivan.
Der Wetteinsatz ist hochwertig: Die i-Modelle sind nicht nur ein beeindruckender Beweis deutscher Ingenieurskunst – mit ihnen Gas zu geben macht auch noch richtig Spaß. „BMW i könnte den Markt für Elektrofahrzeuge antreiben“, sagt Thiyagarajan. Manuel Sattig, Projektmanager BMW i, glaubt, dass „die Akzeptanz für Elektromobilität steigt. Wir werden in vielen Ländern schnell große Erfolge feiern.“ Ganz so rosig sehen Fachleute den Start nicht: „Die ersten Jahre werden für BMW hart, so wie es auch für Nissan mit dem Leaf war“, sagt Thiyagarajan. „Sobald jedoch mehr Elektrofahrzeuge in den Markt kommen, wird es für die Marke einfacher werden.“ Christoph Stürmer vom Prognoseunternehmen IHS glaubt, dass BMW im ersten vollen Produktionsjahr 2014 rund 37.000 i3 verkaufen wird. Danach werde die Jahresproduktion leicht steigen und sich bis zum Jahr 2016 auf etwa 40.000 Einheiten einpendeln. „Nach einem starken Start wird der BMW i3 nicht von der weiteren positiven Marktentwicklung profitieren, weil er von neueren Produkten überholt wird“, erwartet Stürmer. BMW schweigt vorsichtshalber – wer keine Verkaufsziele ausgibt, kann auch keine verfehlen. Klar ist: Die USA sind der wichtigste Markt für Elektromodelle, dort will der Hersteller einen Großteil seiner i-Autos absetzen. Doch gerade jetzt schmelzen dort die Preise für E-Fahrzeuge. Der Chevrolet Volt wird 4300 Dollar günstiger für 35.000 Dollar angeboten, Daimler kürzte die monatliche Leasingrate für den E-Smart um 30 Prozent. Der Grund: weniger Nachfrage als erwartet, auch wegen des immer noch großmaschigen Stromlade-Netzes. BMW reagiert prompt: Die schleppende Marktentwicklung in den Staaten wurde aufmerksam beobachtet, der jüngst verkündete Preis für den i3 fiel mit 34.950 Euro niedriger als erwartet aus. „Ein Kampfpreis“ urteilten Beobachter.Doch es gibt auch positive Signale. Hervorragend laufen schnittige Elektrolimousinen des kalifornischen Anbieters Tesla. Der erhöhte soeben die Produktion des Model S auf wöchentlich 500 Stück, 21.000 Einheiten will der Nischen-Hersteller in diesem Jahr verkaufen. Das gibt BMW Auftrieb. Entsprechend gute Chancen rechnet man sich für das zweite Mitglied der i-Familie aus, den Sportwagen i8. Der wird voraussichtlich im April 2014 in rund 50 Märkten eingeführt. Die Händler hoffen, dass der Hersteller auf der IAA im September offiziell den Preis bekannt geben wird, der zwischen 125.000 und 130.000 Euro liegen soll. Die Zielgruppe: gut betuchte technikaffine Männer ab 35, die schon zwei bis drei Fahrzeuge in der Garage stehen haben. „Die nicht nur einen Sportwagen, sondern auch verantwortungsbewusst fahren möchten“, sagt Hendrik Wenders, Produktmanager i8.Wette auf die Zukunft
New York, 8.30 Uhr. Im Center 548 springt BMW-Chef Norbert Reithofer auf die Bühne. Neben ihm steht sein Vorstandskollege Peter Schwarzenbauer. Zwei weitere Vorstände blicken in London, zwei in Peking in die Kameras. Sechs Vorstände auf drei Kontinenten – und alle trommeln zeitgleich für die Weltpremiere des BMW i3. Aus der schicken Industrieetage im New Yorker Künstlerviertel Chelsea sendet Reithofer seine Botschaft in die Welt: „Der i3 ist mehr als nur ein Auto.“