Die Feser-Graf-Gruppe ist Deutschlands zweitgrößter VW-Händler. Während sich die Gesellschafter Uwe Feser und Wilhelm Graf Schritt für Schritt aus dem aktiven Geschäft zurückziehen, machen die Geschäftsführer Till Heinrich und Markus Kugler das Unternehmen fit für Onlinehandel und E-Mobilität.
Herr Kugler, Herr Heinrich, Sie sind mit zahlreichen Übernahmen stark gewachsen, doch zuletzt war es eher ruhig. Wann schlagen Sie wieder zu?
Kugler: Wir haben nicht vor, außerhalb unseres Kerngebiets Mittelfranken/Nordbayern sowie Sachsen-Anhalt zu expandieren. Wir sind bereit, Expansionen zu prüfen, die sich dazu ergänzend ergeben. Aber wir haben nicht wie andere große Mitstreiter am Markt die Strategie, uns vogelwild mit verschiedenen Marken auszubreiten. Wir konzentrieren uns zum allergrößten Teil auf den VW-Konzern und unsere bestehenden Märkte.
Welche Ihrer Marken machen Ihnen derzeit am meisten Freude?Heinrich: Lamborghini und Škoda.
Kugler: Seat und Škoda aufzunehmen war die richtige Entscheidung, das zahlt sich jetzt aus. Sowohl Škoda als auch Seat haben im Flottenmarkt, der ein wichtiger Absatzkanal für uns ist, guten Zuspruch. Diese Marken helfen uns gerade sehr über die schwierige Zeit von Dieselgate hinweg.Wie läuft das Geschäft der Feser-Graf-Gruppe?Kugler: Wir hatten ein gutes erstes Halbjahr und blicken etwas sorgenvoller auf das zweite Halbjahr. Das Großkundengeschäft bereitet uns mit Blick auf den WLTP II etwas Sorge. Wir sind ein großer Nutzfahrzeughändler, und da sind wir vom Hersteller nicht optimal informiert worden, wie sich der WLTP auswirken wird.
Bei welchen Modellen wird es absehbar zu Verzögerungen kommen?
Kugler: Bei den Nutzfahrzeugen sind die Allradmodelle betroffen, aber das ist eine Nische. Im Pkw-Bereich sind es die kleinen Motoren wie 1.0 und 1.5 TSI, auch kleine Vierzylinder-Dieselmotoren, die teils lange Lieferzeiten haben oder aus der Baubarkeit herausgenommen wurden. Wir haben viele Flottenkunden, die in diesem Bereich hohe Absätze generieren. Das fehlt uns dann im zweiten Halbjahr.
Wann wird die zweite WLTP-Runde überstanden sein?
Kugler: Im nächsten Jahr, hoffe ich. Im letzten Jahr war es schlimm. Wir glauben, dass es diesmal etwas geordneter ablaufen wird, weil der Hersteller sicherlich Erfahrungen gemacht hat. Aber was das Volumen anbelangt, sind diesmal mehr Fahrzeuge betroffen.
Wie groß ist dieser Anteil?Kugler: Beim Neuwagenabsatz wohl ein Drittel.
Erwarten Sie Kompensationen von den betroffenen Marken für Probleme beim WLTP II?
Kugler: Ja.
Kein europäischer Hersteller forciert die E-Mobilität derzeit sostark wie VW. Werden die Kunden den ID.3 auch kaufen?
Heinrich: Ja. Wir haben in diesem Jahr 150 Audi e-tron verkauft und150 Vorbestellungen für den ID.3 erhalten. Der e-tron ist sicherlich ein tolles Produkt, aber keine bahnbrechende Änderung. Der ID.3 hingegen schon. Das Auto schafft ein Grundvertrauen in die Produkte und die Qualität. Im Unterschied zum Model 3 vonTesla gibt es hier ein Handels- und Servicenetz, in dem sich der Kunde gut aufgehoben fühlen wird, weil er es von seinem Golf kennt.
Die VW-Händler erhalten bei ID-Modellen eine geringere Grundmarge. Ärgert Sie das?
Heinrich: Weniger Marge ist immer ärgerlich.
Können Sie dennoch profitabel arbeiten?
Heinrich: Das hängt davon ab, wie sehr das Fahrzeug einmal unter Preisdruck geraten wird. Im Moment gibt es ja noch gar keine Konditionen. Die Kunden erhalten für 1000 Euro eine Option auf ein Fahrzeug, die sie später ziehen oder auch nicht.
Jetzt bestellen zunächst die Elektrofans, und wenn der erste Hype vorüber ist, kommen Kunden, die für ihren alten Diesel auch einen guten Preis haben wollen?
Heinrich: Genau. Dann wird der Kunde wahrscheinlich einen ähnlichen Nachlass erwarten wie bei einem normalen Auto. Die geringere Grundmarge tut dann weh.
Wie wollen Sie Ihre Werkstattkapazitäten auslasten, wenn die Stromer im Bestand einen relevanten Anteil haben?
Heinrich: Ich glaube nicht, dass wir sie dramatisch zusammenschrumpfen müssen. Wir betreuen aufgrund von Wartungs- und Leasingverträgen die Fahrzeuge vor allem in den ersten drei Jahren. Danach verlieren wir Kunden zum Teil schon an freie Werkstätten oder den Wettbewerb. Das dürfte sich beim E-Auto ändern, weil die Technik als komplex eingeschätzt wird und Kunden weniger in freie Werkstätten fahren. Die E-Autos werden wir schon deshalb länger haben, weil die Garantie der Batterie länger andauert.
Wie weit sehen Sie sich auf dem Weg zum digitalen Handel?
Heinrich: Wir sind in den Anfängen, allenfalls in der Mitte.
Kugler: Du bist immer so bescheiden. Wir sind sehr weit, finde ich. Bei der Digitalisierung der Feser-Graf-Gruppe, auch in den Prozessen, sind wir auf einem hohen Level. Das ist auch Dein Verdienst.Heinrich: Die Prozessdigitalisierung haben wir weit getrieben, richtig. Wir haben ein elektronisches Belegportal und arbeiten papierlos bei Eingangsrechnungen, haben digitale Personal- und Fahrzeugakten. Wir überarbeiten gerade die Website.Wie sieht der Umbau aus?
Kugler: Wir bauen sie komplett neu, das ist eine echte Investition. Weil wir merken, dass wir darüber viele Leads erhalten, die eine ordentliche Abschlussquote bringen. Wir haben seit Mai auch eine eigene Plattform, Fahrzeugpool24, auf der wir unsere Händlerfahrzeuge im Bieterverfahren vermarkten. Wir haben derzeit einen Pool von etwa 450 Händlern und versteigern monatlich rund 600 Fahrzeuge.
Dann sind Sie nun ein Konkurrent des etablierten Fahrzeug-Auktionshauses BCA?
Heinrich: Wir machen es bislang nur für unsere Fahrzeuge. Aber der Pool an Händlern soll größer werden, und irgendwann wollen wir auch den einen oder anderen Kollegen aufnehmen.
Kugler: Wir wollen auf 1000 aufkaufende Händler kommen.Das Interview führte Matthias Karpstein
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