Herr Lohscheller, können Sie schon erste Erfolge des Opel-Restrukturierungsprogramms "PACE!" verzeichnen? Bitte nennen Sie konkrete Beispiele.
Unser Plan heißt aus gutem Grund "PACE!". Wir haben direkt nach der Bekanntgabe des Plans im November mit der Umsetzung begonnen. Wir geben Vollgas und haben auch schon eine ganze Menge erreicht. Einer der wichtigsten Punkte ist dabei, dass wir die Fixkosten deutlich gesenkt haben.
Wie stark?
Um stolze 17 Prozent. Auch die neu geschaffene, gemeinsame Einkaufsorganisation innerhalb der Groupe PSA ist wichtig, um die angestrebten Synergien zu realisieren. Gleichzeitig geht es auch im Verkauf voran. Unsere Exportoffensive nimmt Fahrt auf.
Können Sie Beispiele nennen?
Wir haben neue Importeure in wichtigen Wachstumsmärkten wie Südafrika, Marokko und Tunesien benannt. Und wir haben in mehreren Ländern Rahmenvereinbarungen mit den Arbeitnehmervertretern getroffen, die uns helfen werden, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Auch das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Aber wir sind noch lange nicht am Ziel.
Gibt es auch schon hinsichtlich der Zukunft des Entwicklungszentrums Fortschritte?
Definitiv! Die ersten sechs Kompetenzzentren im Rüsselsheimer Engineering stehen fest – Zentren, in denen wir technologische Gesamtverantwortung für den gesamten Konzern übernehmen. Beispielsweise bei der Brennstoffzellenentwicklung sowie Weiterentwicklung der Groupe PSA-Fahrzeuge und -Antriebe für die Anforderungen des nordamerikanischen Marktes. Und das ist nicht alles: Wir werden die Zahl dieser Kompetenzzentren weiter erhöhen. Das ist ein klarer Beleg, dass unser Entwicklungszentrum innerhalb des PSA-Konzerns eine Führungsrolle übernehmen wird.
Was macht sie da so sicher?
Wir haben hier hervorragende Ingenieure. Aktuell arbeiten sie bereits sehr erfolgreich daran, die Komplexität unserer Fahrzeuge zu reduzieren. Auch gemeinsam genutzte Architekturen machen sich sehr bemerkbar: Beim neuen Corsa, der im nächsten Jahr auf den Markt kommt, haben sie die Entwicklungskosten um mehr als die Hälfte gegenüber dem ursprünglichen Ziel gesenkt – und das ohne jegliche Einbußen bei der Qualität. Im Gegenteil: Eine weniger komplexe Entwicklung mit 40 Prozent weniger Teilen erlaubt eine vereinfachte Produktion – und damit Qualitätsverbesserungen.
Es ist nun gut ein Jahr her, dass das Interesse von PSA an Opel publik wurde, seit gut einem halben Jahr ist die Übernahme abgeschlossen. Wie steht es um die deutsch-französische Freundschaft?
Wir wachsen schneller zusammen als erwartet. Und das gilt nicht nur auf technischer Seite – wie Sie wissen, werden wir bis 2024 komplett auf gemeinsame Groupe PSA-Architekturen umsatteln. Es gilt auch personell. So haben wir wichtige Konzernfunktionen wie Politik, Revision und Recht nun in einer Einheit gebündelt – im sogenannten "Generalsekretariat"– und sind als Gesamtunternehmen damit noch schlagkräftiger.
Nennen Sie bitte Beispiele.
Schon im November vergangenen Jahres wurde unser ehemaliger Nutzfahrzeugchef Steffen Raschig neuer Peugeot-Chef in Deutschland und zum 1. Februar übernahm unser einstiger Aftersales-Direktor Rasmus Reuter als Geschäftsführer die Verantwortung für die Marken Peugeot, Citroën und DS Automobiles in Deutschland. Die Integration läuft auch auf dieser Ebene sehr zügig. Erst vor wenigen Tagen haben wir zwei weitere Beispiele verkündet: Zum 1. März wird Xavier Duchemin, bislang Vice President PSA Retail, neuer Executive Director Sales Opel/Vauxhall Europe und wird in dieser Funktion direkt an meinen Geschäftsführungskollegen Peter Küspert berichten. Und sein Vorgänger Ian Hucker wird auf die Position des Managing Directors Peugeot, Citroën, DS Automobiles in der Schweiz und Österreich wechseln. Auch im Vertrieb und einem intelligenten Mehrmarkenbetrieb liegen noch erhebliche Potenziale.
Sie reden viel über Fortschritte. In den Finanzzahlen spiegeln sich diese aber nicht wider. Erneut steht ein Verlust zu buche.
In den fünf Monaten des vergangenen Jahres, in denen wir bereits Teil der Groupe PSA waren, ist ein operativer Verlust von 179 Millionen Euro entstanden. Dieser Verlust ist zwar deutlich geringer als von vielen Analysten erwartet. Dennoch dürfen wir uns nichts vormachen. Diese Zahl ist ein weiteres Signal, dass es so nicht weitergehen kann. Dass der Status Quo keine Option ist. Opel muss sich verändern. Und wir werden uns verändern.
Was erwarten sie hinsichtlich des Finanzergebnisses für das laufende Jahr?
Unseren Ausblick können wir bestätigen: Im Jahr 2020 rechnen wir mit einer wiederkehrenden operativen Marge im Automobilgeschäft von zwei Prozent und bis 2026 wollen wir sechs Prozent erreichen. Opel/Vauxhall wird damit wieder ein nachhaltig profitables Unternehmen. Das ist das zentrale Ziel unseres "PACE!"-Plans.
Der gemeinsame Einkauf mit PSA soll massive Synergien schaffen. Bei welchen Teilen und Komponenten lohnt sich dies besonders?
Die größten positiven Effekte ergeben sich bei Modulen und Plattformkomponenten, die in allen Konzern-Modellreihen zum Einsatz kommen – so wie Motoren und Getriebe. Auch beim indirekten Einkauf entstehen große Möglichkeiten, das zeigt beispielsweise die Bündelung des Mediavolumens innerhalb der Groupe PSA, die wir schon Ende vergangenen Jahres angekündigt haben. Hier haben wir unsere Effizienz deutlich verbessert und werden bei gleichem Volumen 20 Millionen Euro einsparen.