Wolfsburg. Im Gespräch mit der Automobilwoche am Rande der Detroit Auto Show präzisierte Winterkorn vor Kurzem, wo für VW die größten Gefahren lauern: „Die Digitalisierung zu verschlafen – und bei den neuen Antriebsarten auf die falschen Konzepte zu setzen.“ Die VW-Führungskräfte stimmt Winterkorn auf eine Zeitenwende ein: „Unsere Welt ist unberechenbarer denn je: Politische Konflikte überziehen den Globus, gesellschaftliche Umbrüche rütteln an unserem Werteverständnis, wirtschaftliche Einbrüche sind die Folge.“ Zugleich räumt Winterkorn erhebliche Schwierigkeiten in der Vorstandsarbeit ein: „Die Unsicherheit ist so groß wie nie, verlässliche Planungen werden damit so gut wie unmöglich.“ Der oberste VW-Stratege mahnt: „Die Folgen für unser Geschäft sind dramatisch – ob in Russland, Indien oder Südamerika.“ Um VW für künftige Herausforderungen zu wappnen, werde auf Basis des Zukunfts- und Effizienzprogramms „Future Tracks“ eine „Folgestrategie von ‚Mach 18‘, die weit ins nächste Jahrzehnt hineinreicht“, entwickelt. Mit „Mach 18“ hatte Winterkorn kurz nach dem Amtsantritt als Konzernchef 2007 Kernziele für die Hauptmarke Volkswagen fixiert. „Future Tracks“ kreist um Digitalisierung, Elektromobilität, Industrie 4.0 und veränderte Kundenerwartungen. Leider habe das rasante Wachstum von VW „auch eine Kehrseite“, so Winterkorn. „Volkswagen hat Speck angesetzt.“ Der Konzernlenker: „Jetzt geht es nicht mehr allein um größer, höher weiter. Jetzt geht es darum, schlanker, schneller, effizienter zu sein.“ Zwar habe VW „die Kraft und Kompetenz, die digitale und die mobile Welt zusammenzuführen“, so Winterkorn. Das Auto sei „das komplexeste Industrieprodukt der Welt“. Mit „all seinen Anforderungen an Sicherheit und Nachhaltigkeit“ werde es „ureigene Kernkompetenz der Autohersteller bleiben“, hofft er. Der VW-Chef: „Das wird uns aber nur gelingen, wenn wir die digitale Kompetenz schnell in unser Geschäftsmodell integrieren. Und dabei dürfen wir keine Zeit verlieren.“ Er werde oft gefragt, „ob wir die Angriffe von Google, Apple oder Tesla auf unser Geschäft nicht sehen“. Winterkorns Antwort: „Bange ist uns vor diesen neuen Wettbewerbern nicht. Im Gegenteil: Sie sind Ansporn, uns noch intensiver mit den Chancen der digitalen Welt auseinanderzusetzen.“ Der Appell des VW-Chefs: „Wir dürfen Apple & Co. die vernetzte Welt nicht kampflos überlassen.“
Verlässliche Planung fast unmöglich
Zeitenwende in Wolfsburg
VW-Chef Martin Winterkorn hat seine Topmanager mit drastischen Worten ermahnt, man dürfe sich trotz der guten Performance bei Europas größtem Autobauer „niemals auf dem Erreichten ausruhen“. In einem Rundschreiben an die Führungskräfte, das der Automobilwoche vorliegt, warnt er: „Viele Beispiele einst erfolgreicher Konzerne machen deutlich: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.“