VW baut sein Einstiegs-Elektroauto in Eigenregie. Das hat Vorteile, bringt aber auch Herausforderungen mit sich, meint unser Autor.
VW will das Einstiegs-Elektroauto nun auf eigene Faust bauen.
VW hat sich entschieden: Das neue elektrische Einstiegsmodell kommt ab 2027 als Eigenentwicklung. Mögliche Kooperationen sind damit endgültig vom Tisch, nachdem schon mit Renault keine Einigung zustande kam.
Die Entscheidung aus Wolfsburg, verkündet einen Tag vor der Hauptversammlung, sendet mehrere wichtige Signale aus:
Volkswagen hält das Versprechen, auch in Zukunft Autos für alle anzubieten: Laut aktuellem DAT-Report haben 46 Prozent der Menschen in Deutschland Angst, sich künftig kein Auto mehr leisten zu können. Der neue elektrische Einstiegs-VW soll ab 20.000 Euro kosten. Das ist noch einmal deutlich weniger als die 25.000 Euro, die ab 2025/26 für den ID.2 angepeilt sind.
Volkswagen sichert sich nächste Kundengeneration: Ein günstiges Basismodell sorgt für Kundennachwuchs. Das gilt gerade für Volumenhersteller – und auch für das Elektrosegment. Denn nur auf günstigere Verbrenner zu setzen, ist keine Lösung, wenn man sich wie VW generell der E-Mobilität verschrieben hat.
Volkswagen unterstreicht Bekenntnis zur E-Mobilität: Sicher, die Wolfsburger setzen für den Übergang verstärkt auf Plug-in-Hybride und fordern auch erreichbare Ziele zur CO2-Reduktion – dass sie nun aber mit dem Einstiegs-Elektroauto im Alleingang und auf absehbare Zeit ernstmachen, untermauert den Weg hin zur E-Mobilität.
Volkswagen zeigt Selbstbewusstsein: In China braucht es lokale Hilfe Dritter für die Rückkehr in die Elektro-Erfolgsspur – beim Einstieg in die E-Mobilität in Europa geht es allein. Das ist ein positives Signal nach innen und außen und bietet die Möglichkeit, das Auto komplett nach eigenen Maßstäben zu entwickeln. Als technische Basis bietet sich die MEB-Entry-Plattform an.
Allerdings hat sich der Konzern einiges aufgeladen mit dem ID.1. Wie sehr man mit einem preiswerten Kleinwagen scheitern kann, kennt VW zur Genüge aus der eigenen Geschichte.
Volkswagen bringt sein Billig-Elektroauto erst in drei Jahren: 36 Monate sind eine lange Zeit, die Wettbewerbern Chancen bietet. Einige von ihnen sind schon heute am Start. So setzt derzeit Stellantis mit dem Citroen e-C3 für etwas über 23.000 Euro ein Zeichen. Mit dem Wagen liegen die Franzosen zwar eher auf dem Niveau des geplanten ID.2. Gleichwohl sind sie VW mit einem erschwinglichen Elektroauto deutlich voraus.
Volkswagen neigt zur Trägheit: VW war in der Vergangenheit nicht immer für schnelle Entscheidungen und Entwicklungszeiten bekannt. In China bemüht man sich jetzt um schnellere Marktstarts und kürzere Entwicklungszeiten. Das täte auch dem ID.1 gut. Auch wenn das neue Einstiegsmodell auf der MEB-Entry-Plattform steht, eine Herausforderung bleibt es dennoch. Zumal es ja auch noch rentabel werden muss.
Volkswagen trägt Kosten und Risiken allein: Hätte VW für sein Einstiegs-Elektroauto mit Renault kooperiert, wären die Risiken geteilt gewesen. Gerade im volatilen Markt für E-Autos ist das von Vorteil. Und trotz konzerneigener Basis: Die Skaleneffekte wären bei einer Kooperation deutlicher zu spüren gewesen.
Auch wenn Entwicklungs-, Produktions- oder Vertriebsdetails noch ungeklärt sind: Allein die Entscheidung für ein Einstiegs-Elektroauto ist für Volkswagen ein gutes Signal. Um wie geplant 2027 an den Start zu gehen, muss VW jedoch einen Sprint hinlegen.
