Kommentar: VW feiert den ID.1 – zu Recht

"Volkswagen ist zurück." Mit diesem Satz begrüßte Markenchef Thomas Schäfer die Gäste der Premierenfeier für den ID Every1. Einer Kleinwagenstudie, die 2027 in Serie gehen und nur 20.000 Euro kosten soll. Und es stimmt: Volkswagen ist zurück bei den Wurzeln, zurück mit einem bezahlbaren Kleinwagen, zurück bei den Kunden.

Bei der Inszenierung des neuen Einstiegsmodells wehte dennoch ein Hauch der Winterkorn-Piëch-Ära durch die Düsseldorfer Messehalle. Wenngleich sich nicht die PR- und Marketingstrategen diesen pompösen Auftritt ausgesucht hatten.

Einen Tag danach fand hier ein internationales VW-Händler-Meeting statt. Die Location wurde quasi nur zweitverwertet. Doch der große Auftritt für den kleinsten Volkswagen war richtig.

Nach Monaten der schlechten Nachrichten, nach zähen Verhandlungen mit der IG Metall und der Verordnung einer finanziellen Rosskur hat man bei VW mal wieder was zu lachen – und Gründe, zufrieden zu sein. 80 Prozent der Studie sind Serienstand und können bei erster Begutachtung überzeugen: Der ID.1 kann ein echter Volkswagen werden.

VW hat viel Lehrgeld gezahlt für die Experimente ID.3 und ID.4 – und daraus gelernt. Man darf günstige Materialien verbauen, aber keine billigen. Man muss bei einem Elektroauto nicht zwanghaft alles anders machen. Niemand braucht unbeleuchtete Touch-Slider.

Und vor allem: E-Autos müssen nicht partout anders aussehen als erfolgreiche Verbrennermodelle. Mit dem ID.1 kehrt VW zur klassischen Wolfsburger Schule zurück. Unaufgeregt und gefällig, sodass es niemandem nicht gefallen kann.

Offen bleiben aktuell vor allem zwei Fragen: die nach der Reichweite und die nach dem Timing.

Sind die prognostizierten 250 Kilometer zu wenig? Für alle, die ein Auto "für den Fall, dass ich mal" kaufen – ja. Doch die Zeit der Alleskönner-Autos ist vorbei, wer zukünftig günstige Mobilität für den Alltag sucht, wird damit bestens zurechtkommen. Und wenn die Ladetechnik passt, ab und an auch problemlos weiter weg fahren können.    

Kommt er zu spät? Ich glaube nicht. VW hat mit den ID.3-und-Co-Experimenten wertvolle Zeit verloren, muss jetzt in Windeseile die kleinen Modelle entwickeln. Und natürlich werden in den kommenden Jahren mehr Fahrzeuge in diese Preisregion vorstoßen. Von solchen Wegbereitern hat VW schon oft profitiert, und den Markt von hinten aufrollen können. Warum sollte es beim ID.1 nicht auch so sein?