Zur Sache: Warum kämpfen Autohersteller nicht um mich?

Ich fahre seit Jahrzehnten Auto. Seit geraumer Zeit lease ich in Dreijahresschritten. Ich wechsle jedes Mal die Marke. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass auch nur einmal ein Autohersteller um mich gekämpft hätte. Mir Optionen anbot. Für ein Nachfolgemodell, für eine Verlängerung des Leasings oder anderes. Als Kunde gebe ich das Auto wieder ab. Bitte, danke, schönen Tag noch.

Im digitalen Zeitalter sind Tech-affine Unternehmen gewieft darin, ihre Kunden nicht mehr von der Leine zu lassen. Von Spotify, von Netflix und anderen wissen wir, wie sie ihre Kunden binden. Sie gehen die ganze Customer Journey mit ihren Abonnenten mit, weil sie die Daten haben und daraus Nutzen ziehen.

Die Autohersteller wissen darum und wollen sich ändern. Digital werden. Geschäftsmodelle dafür entwickeln. Sie leiden unter C-FOMO (Customer’s Fear of missing out).

Früher konnten sich Autohersteller schlicht auf ihr Produkt verlassen und auf lebenslange Kundentreue setzen. Die Kundenbeziehungen liefen über die Händler oder die Autobank, weswegen vom Agenturvertriebsmodell geträumt wird, bei dem der Autobauer den Zugriff hat.

Das kalifornische Softwarehaus Salesforce hat auf der KI-Konferenz „Dreamforce“ in San Francisco Wege aufgezeigt, dass das möglich ist. Den Datenzugriff bekommen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. „Manches wurde falsch aufgegleist, aber KI ist eine Jahrhundertchance“, sagt Alexander Wallner, CEO Central Europe.

Capgemini, Partner von Salesforce, nennt das, was die Autobranche braucht, „AC/DC“ – Automotive Cloud und Data Cloud. Fahrzeugtelemetrie, Fahrzeugservice und Garantie, Fahrerprofil, Fahrerinteraktion oder Versicherungsgarantie sind nur einige Beispiele, um den Kunden über lange Strecken zu begleiten. Tesla hat das von Anfang an gemacht.

Und andere ziehen nach. „Wir sehen, dass die Autohersteller in dieses Thema extrem viel investieren. Und Customer Relationship Management steht inzwischen im Fokus des Vorstands, die Gespräche finden auf Board-Ebene statt“, sagt Jessica Geutner, Senior Vice President bei Salesforce.

KI ändert die Situation grundlegend. Sie treibt Kaufentscheidungen voran. Intuitive Web-Touchpoints werden geschaffen, gleichzeitig müsse In-Car als der Ort erkannt werden, „an dem man sein sollte“ (Capgemini). Geschäftsmodelle gibt es in der Theorie ja schon genug.