Drei Gründe für das stabile BMW-Quartal

Während die Branche aktuell unter schwindenden Auftragseingängen, zurückgehender Nachfrage bei Elektromodellen und hohem Kostendruck ächzt, gibt man sich in München bei BMW nach außen weiterhin sehr gelassen. Der Premium-Hersteller legte für das dritte Quartal sehr ordentliche Zahlen vor. Die Gründe dafür sind vielfältig.

"Die Ergebnisse des dritten Quartals untermauern erneut die Leistungsfähigkeit der BMW Group. Auf dieser Basis werden wir das Jahr 2023 erfolgreich abschließen. Mit unserem attraktiven Produktportfolio sind wir über alle Marken, Segmente und Antriebsarten hinweg exzellent aufgestellt, um Chancen am Markt zu nutzen", sagte Finanzvorstand Walter Mertl im Rahmen eines Calls mit Journalisten zu den Quartalszahlen.

BMW hat konkret im dritten Quartal mehr Umsatz und Gewinn im Tagesgeschäft eingefahren als gedacht. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern legte im Jahresvergleich trotz des höheren Anteils noch nicht so lukrativer Elektroautos um 18,2 Prozent auf 4,35 Milliarden Euro zu, wie das Dax-Unternehmen mitteilte. Experten hatten mit etwas weniger operativem Gewinn gerechnet. Der Absatz stieg um 5,8 Prozent auf 621.699 Fahrzeuge.

Das stabile Ergebnis von BMW hat drei Gründe.

Um auf die jeweilige Nachfrage im Markt dynamisch reagieren zu können, setzt BMW auf Mischfahrweisen in der Produktion. Das bedeutet: Verbrenner- und Elektro-Varianten einer Modellreihe werden auf einer Linie gebaut. Das ermöglicht die flexible Auslastung der Produktion je nach entsprechender Nachfrage. Schwindet das Interesse bei Kunden an Elektromodellen, baut BMW einfach wieder mehr Verbrenner.

Der Vorwurf, bei einer Mischfahrweise zu viele Kompromisse in der Fertigung eingehen zu müssen, zählt für BMW nicht. Denn im zurückliegenden Quartal merkte unter anderem Wettbewerber Audi, wie schwierig ein reines BEV-Werk auszulasten ist, wenn es kaum noch Nachfrage gibt. In Zwickau und Brüssel, wo der Q4 e-tron und der Q8 e-tron gebaut werden, ruhte die Produktion zeitweise. Am belgischen Standort kam es wegen unklarer Zukunftsperspektiven sogar zu einer kurzzeitigen Arbeitsniederlegung der Beschäftigten.

Das kostet Geld, drückt Gewinn und Produktionszahlen und ist zudem schlecht fürs Markenimage. Bei BMW hingegen laufen die Bänder an den europäischen Standorten konstant und geräuschlos. Selbst eine versuchte Blockade des BMW-Werks Dingolfing durch Klima-Protestler während der IAA stoppte die Münchener im zurückliegenden Quartal nicht. Der Standort nutzte einfach die zahlreichen anderen Eingänge ins Werk.

Auch ohne feststehendes Datum für den Verbrenner-Ausstieg ist der Weg von BMW klar. "Schon vor 2030 soll mehr als die Hälfte unseres weltweiten Absatzes aus reinen E-Fahrzeugen bestehen", bekräftigte CEO Oliver Zipse im Rahmen des Calls zu den Quartalszahlen. Dabei elektrifiziert der Premium-Hersteller seine Modellpalette nach einem langfristig festgelegten Plan. Mit i4 und iX kamen 2021 zunächst ein Coupé und ein SUV, danach 2022 das Top-End-Segment mit dem Siebener, 2023 kam der Fünfer erstmals elektrisch. Mit iX1 (2022) und iX2 (2023) hat auch das BMW-Kompakt-Segment inzwischen vollelektrische Modelle im Angebot. 

Obwohl BMW oft für den vermeintlich nicht kompromisslosen Elektro-Kurs kritisiert wird, sind es ausgerechnet die Münchener, die inzwischen nahezu über ihr gesamtes Modellportfolio ein BEV-Angebot machen können. Kunden werden daher bei den Bayern fündig. Finanzvorstand Walter Mertl: "Im Schnitt reichen unsere Auftragsbestände gut ins erste Quartal." CEO Oliver Zipse: "Wir wachsen bei Elektromodellen stärker als jeder Wettbewerber im Premium-Segment."

Das wichtige Dreier-Segment und der erfolgreiche iX3 werden 2025 mit den Debüt-Modellen der Neuen Klasse als letztes Segment ebenfalls ein vollelektrisches Angebot bekommen. In den ersten drei Quartalen stiegen die Auslieferungen batterieelektrischer Modelle im BMW-Konzern auch ohne die Neue Klasse um 92,6 Prozent an. Natürlich: BMW verdient sein Geld nach wie vor in erster Linie mit Verbrennern, doch der Elektrokurs des Unternehmens sieht aktuell vor, in konstanten Schritten zu wachsen. Für 2023 kalkuliert BMW mit 15 Prozent Elektro-Anteil, 2024 sind es 20 Prozent, 2025 25 Prozent und 2026 soll bereits jeder dritte BMW elektrisch ausgeliefert werden.

Schon in der Hochphase der Halbleiter-Krise 2022 sicherte sich BMW durch vorausschauendes Management entsprechende Vorteile gegenüber den Wettbewerbern. "Sie müssen wissen, was genau in ihren Komponenten verbaut ist. Und das sehr konkret: Bauteil-Listen und Halbleiter-Listen. Diese Daten haben wir und sie bilden die Grundlage. Wir wissen inzwischen absolut exakt zugeordnet, wo auf der Welt welche Bauteile für welche Komponente herkommt. Das bedeutet, wir haben ein Verständnis vom Netzwerk, das hinter der Versorgung mit Halbleitern steht", erklärte Einkaufsvorstand Joachim Post dazu gegenüber der Automobilwoche.

Das hilft dem Hersteller, im Falle kurzfristig reißender Lieferketten. Während Volkswagen durch die Flut in Slowenien kalt erwischt wurde und durch Ausfälle beim Zulieferer KLS Ljubno, der Zahnkränze für Zweimassenschwungräder und Anlasser fertigt, betroffen war und auch Mercedes durch fehlende Bauteile von Bosch sogar ein Gewinnausfall von mehr als 500 Millionen Euro droht, herrscht bei BMW ununterbrochene Konstanz in der Lieferkette. Die Fahrzeuge der Münchener können ohne Einschränkungen gebaut werden. Einzig die problematische Situation in der Logistik in Deutschland belastet das Unternehmen. Finanzvorstand Walter Mertl: "Durch die Baustellen im Netz der Deutschen Bahn ist das aktuell nicht immer ganz einfach."

Am Rande des Calls zu den Quartalszahlen verriet BMW-CEO Oliver Zipse auch, dass die Partnerschaft mit Toyota im Bereich der Brennstoffzelle möglicherweise neu sortiert werden müsse. Die Japaner hatten nach der Japan Mobility Show in Tokio erstmals eingeräumt, ihr Wasserstoff-PKW Mirai sei insgesamt ein Misserfolg. Stattdessen wolle man sich auf den Einsatz von Wasserstoff als Energieträger für Nutzfahrzeuge konzentrieren. Auf Nachfrage der Automobilwoche sagte Zipse angesprochen auf eine Fortsetzung der Partnerschaft: "Das wird man sehen müssen. Wir haben seit zehn Jahren eine Kooperation bei der Brennstoffzelle. Wie wir diese fortsetzen, werden wir zu gegebener Zeit berichten. Toyota wird ein starker Partner für uns bleiben."

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau BMW bis 2024