Polestar sammelt 950 Millionen Dollar ein

Weniger als einen Monat nach der Ankündigung von Volvo, seine Beteiligung an der Schwesterfirma Polestar zu reduzieren und die künftige Finanzierung einzustellen, hat der von Geely kontrollierte Elektrofahrzeughersteller frisches Kapital aufgenommen. Das schwedische Unternehmen teilte am Mittwoch mit, dass es sich einen Kredit in Höhe von 950 Millionen Dollar mit einer Laufzeit von drei Jahren von einem Konsortium aus einem Dutzend Banken, darunter BNP Paribas, Natixis, Standard Chartered und HSBC, gesichert hat.

Der Automobilhersteller sagte, dass die Kapitalzufuhr seine ehrgeizige Modelloffensive finanzieren und einen "großen Teil" seines Finanzierungsbedarfs abdecken soll. Polestar rechnet bis zum Jahresende mit einer zweistelligen Bruttogewinnmarge. "Dies markiert eine neue Phase im Geschäft von Polestar", sagte CEO Thomas Ingenlath in einer Erklärung. "Die Anstrengungen der letzten Jahre zahlen sich aus: Wir haben unsere Kostenbasis verbessert, die Finanzierung gesichert und sind dabei, unsere Produktoffensive voranzutreiben."

Für reine Elektroauto-Marken waren die vergangenen Monate eine harte Zeit, da die Nachfrage nach batteriebetriebenen Fahrzeugen nachgelassen hat. Zudem hat der Branchenriese Tesla einen Preiskrieg entfesselt, um Marktanteile zu erobern. Die Verkäufe von Polestar sind in den letzten drei Quartalen zurückgegangen, einschließlich eines Rückgangs von 39 Prozent im vierten Quartal.

Der Branchenanalyst Karl Brauer sagte, die neue Investition sei entscheidend, um Polestar die nötige Freiheit zu verschaffen. Aber die langfristige finanzielle Stabilität "könnte sich angesichts der sich verändernden Dynamik bei den EV-Verkäufen und des immer stärker werdenden Wettbewerbs in einem Segment, das in den USA nach wie vor eine Nische ist, als schwierig erweisen", so Brauer, leitender Analyst bei iSeeCars.com.

Volvo will seinen Anteil an Polestar eigenen Angaben zufolge von 48 Prozent auf 18 Prozent reduzieren. Die chinesische Geely Holdings, die eine Mehrheitsbeteiligung an beiden Marken hält, wird Polestar weiterhin operativ und finanziell unterstützen. Volvos Entscheidung, die Investitionen in Polestar zu stoppen, kam, nachdem das Elektroauto-Start-up das wiederholt nach unten korrigierte Auslieferungsziel für 2023 verfehlt hatte. Anfang Februar erklärte Polestar, dass es bis zum Erreichen der Gewinnschwelle im Jahr 2025 Finanzmittel in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar benötigt.

Ingenlath sagte, dass Geelys "volle finanzielle Unterstützung und der Zugang zu innovativer Technologie und technischem Know-how" Polestar auf den "Weg zum angestrebten Cashflow-Breakeven im Jahr 2025" bringen würde. Brauer sagte, Geelys "Weg zu den US-Konsumenten" werde dazu führen, dass das Unternehmen viele Anstrengungen in die Marke Polestar stecken werde.

"Das bedeutet nicht, dass es auf einem Markt mit schwächelnder Nachfrage und zu viel Angebot und Wettbewerb funktionieren wird", sagte der Analyst. "Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Geely die Marke scheitern lässt, während so viele chinesische Marken gerne einen Brückenkopf in diesem Markt hätten." Polestar, das im Juni 2022 an die Börse ging, verfügte Ende letzten Jahres über rund 770 Millionen Dollar in bar. Das Unternehmen kündigte zwei Wellen von Stellenstreichungen an, um Geld zu sparen - insgesamt 25 Prozent der weltweiten Belegschaft.

Doch Polestar verspricht, das Wachstum in diesem Jahr anzukurbeln, wenn es zwei volumenstarke Crossover-Modelle in die USA bringt. Der Mittelklasse-Crossover Polestar 3 wird im zweiten Quartal auf den Markt kommen, gefolgt vom Polestar 4 im letzten Quartal. Die neuen Modelle werden "die Marke schärfen, eines der am schnellsten wachsenden Segmente in der Branche ansprechen und uns für ein starkes Volumenwachstum und eine Steigerung der Gewinnspanne ab der zweiten Hälfte des Jahres 2024 positionieren", sagte Ingenlath.

Brauer sagte, die neuen Crossover seien "vielversprechend" für das US-Geschäft von Polestar, wo SUVs und Pick-ups dominieren. Aber die Modelle kommen zu einer Zeit, in der die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen abflacht und der Wettbewerb zunimmt.

Die Aussichten von Polestar auf dem größten Automarkt der Welt sind nicht viel klarer. "Das EV-Segment ist in China viel stärker umkämpft als in den USA", so Brauer. "Inländische Marken scheinen dort jetzt die Oberhand zu haben, was etablierte Marken wie Tesla und Volkswagen in die Defensive drängt und ein düsteres Bild für kleinere Marken wie Polestar zeichnet - trotz seiner chinesischen Eigentümerschaft."

Aus dem Datencenter:

Entwicklung der reinen Elektroautos in Deutschland bis Januar 2024