Flottenverbrauch: BMW-Chef Zipse stellt CO2-Ziele der EU infrage

Obwohl BMW selbst die CO2-Flottenziele der EU momentan erreicht, will der Premium-Hersteller die geltende Regulatorik reformieren. Das sagte CEO Oliver Zipse im Rahmen der Jahreskonferenz des Unternehmens in München. Die aktuelle Gesetzgebung "funktioniere einfach nicht".

Konkret sagte Zipse: "Stand Ende 2023 unterschreiten wir den für die BMW Group geltenden EU-CO2-Grenzwert um mehr als 20 Prozent. Das zeigt: Unsere Strategie reflektiert nicht nur die Kundenwünsche, sondern sorgt auch für eine wirksame CO2-Reduzierung. Klimaschutz kann nicht am Kunden vorbei gelingen. Das funktioniert einfach nicht."

Der BMW-Chef fordert deswegen eine Anpassung der derzeitigen Gesetzgebung: "Deswegen halten wir einen umfassenden Review der CO2-Flottengesetzgebung in der EU für essenziell. Eine Regulatorik, die Kundenbedürfnisse und Marktrealitäten ignoriert, aber gleichzeitig nicht in der Lage ist, die erforderlichen Rahmenbedingungen für alternative Technologien zu schaffen, kann nicht erfolgreich sein. Sie liefert nur Zielvorgaben, schließt Lösungswege jedoch aus."

Zipse weiter: "Es geht hier um die maximale Klimawirkung. Ohne die Rücksicht auf das Marktverhalten der Kunden und die dafür notwendige Infrastruktur kann man so einen Exit nicht verabschieden. Mir geht es nicht um die Verteidigung einer Haltung oder Technologie, aber wenn wir heute auf die Entwicklung der kommenden Jahre schauen, wird die momentane Gesetzgebung dazu führen, dass es für alle sehr sehr teuer wird und der Markt das nicht mitmacht."

Die Debatte um die CO2-Flottengrenzwerte für Automobilhersteller wird intensiv geführt. Aktuell hat die EU bis Ende 2024 für Pkw eine Flottenobergrenze von 95 Gramm CO2 pro Kilometer festgelegt. Für jedes Gramm darüber ist für jeden im jeweiligen Jahr neu zugelassenen Pkw ein Bußgeld von 95 Euro fällig. Ab 2025 verschärft sich die Obergrenze auf 93,6 Gramm CO2 pro Kilometer, ab 2030 auf 49,5 Gramm und schließlich ab 2035 auf null Gramm CO2. BMW hat gerade das erste Modell der Neuen Klasse vorgestellt, einer Architektur, auf der nur reine E-Autos basieren werden.

Der Berechnungsschlüssel für die EU-Grenzwerte ist aber äußerst kompliziert und enthält eine Reihe von Ausnahmen, die Strafzahlungen vermeiden und in der Realität vorerst noch höhere Grenzwerte zulassen. Für BMW lag der Grenzwert deswegen im vergangenen Jahr laut Unternehmensangaben bei 128,5 Gramm pro Kilometer. Diesen unterschritten die Münchener laut einer Mitteilung aus dem Januar um 26,4 Gramm und lagen nach WLTP-Messbedingungen bei 102,1 Gramm pro Kilometer. Gegenüber 2022 reduzierte man den Wert um 2,8 Prozent.

Auch der Volkswagen-Konzern blieb 2023 unter seinem Grenzwert. Laut Berechnungen lag dieser im vergangenen Geschäftsjahr bei 122 Gramm pro Kilometer, in der EU lag der Wert bei 118,4 Gramm. Ein Rückgang beim Absatz vollelektrischer Autos in diesem Jahr könnte die Wolfsburger aber stärker unter Druck setzen. Der Grenzwert für 2025 liegt laut Handelsblatt dann bei nur noch 105 Gramm pro Kilometer.

BMW-Chef Zipse erwartet schon für das kommende Jahr eine Kursanpassung der EU, die sich nach der Europawahl im Juni in der zweiten Jahreshälfte neu konstituieren wird. Der CEO des Premium-Herstellers: "Ende 2025 wird die Welt merken, dass es nicht so einfach ist. Da wird die Welt schon Ende nächsten Jahres eine andere sein als die, auf die wir heute schauen. Die Anspannung für die deutsche Automobilindustrie ist schon jetzt erheblich." Die Grenzwerte für die Abgasnorm Euro 7 hat die EU abgeschwächt.

Im Rahmen der Jahreskonferenz in München bekräftigte der BMW-Chef zudem noch die Pläne zur Serienentwicklung eines Wasserstofffahrzeugs bis Ende des Jahrzehnts. Die einjährige Erprobungsphase der Testflotte von 100 in Kleinserie gefertigten Wasserstoff-SUV iX5 Hydrogen sei abgeschlossen. Zipse wollte ein Serienfahrzeug zwar erneut nicht konkret bestätigten, sagte aber: "Für uns ist es genau der richtige Ansatz, zum Ende des Jahrzehnts ein solches Fahrzeug anzubieten."

Aus dem Datencenter:

CO2-Ausstoß der Pkw-Neuzulassungen in Deutschland bis Februar 2024