Curd Jürgens selig sang:
"Ich habe manchen Kratzer abgekriegt,
zu sagen, es war halb so schlimm, es wär' gelogen.
Ich habe längst nicht immer nur gesiegt,
die Pose hat darüber weggetrogen".
Was die Weise von 1975 mit Matthias Müller anno domini 2018 zu tun hat? Nicht eben wenig. Zum einen feiert der am 9. Juni 1953 im sächsischen Limbach-Oberfrohna geborene Ex-Chef des VW-Konzerns nun seinen 65. Geburtstag, und da bringt man zum Behufe der nachhaltigen und nachhallenden Gratulation doch schallend ein Ständchen dar. Mag es im Original auch heißen "60 Jahre – und kein bisschen leise" (für gefällige Inohrenscheinnahme bitte links klicken).
Zum anderen hat auch Müller manche Schramme davongetragen, etwa durch jenes längst legendäre Interview in Detroit 2016, in dem er das Dieseldesaster des Weltmarktführers als ein "technisches Problem" verniedlichte.
"Ich ließ nichts aus, wenn es Schlagzeil'n brachte", ließ Curd Jürgens weiland wissen.
Tja, und die "Pose" war Müller auch nicht fremd – etwa jene der durch den Aufstieg an die VW-Spitze im September 2015 höchstgradig beglückten Führungskraft. Limbach-Oberfrohnatur, sozusagen. In Wahrheit wäre der Topmanager viel lieber weiterhin "nur" Porsche-Lenker geblieben.
Aber Müller ist ein Mann von Format. Kneifen war nicht. Und so stellte sich der gelernte Werkzeugmacher und Diplom-Informatiker den immensen Herausforderungen als operativer Primus des nach dem Rücktritt von Martin Winterkorn so angeschlagenen wie topkopflosen Konzerns.
"Mitunter wär' ich gerne abgehau'n,
auf heißen Kohlen hab' ich manches Mal gesessen",
heißt es im besagten Chanson.
In den gut zweieinhalb Jahren seiner Amtszeit als Vorstandsvorsitzender hat Müller viel bewegt. Er stieß die Aufarbeitung des Selbstzünder-Super-GAU an. Müller entwickelte die Langfristplanung "Strategie 2025", mit der VW zu einem führenden Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen aufsteigen soll. Zusammen mit seinem späteren Amtsnachfolger Herbert Diess feilte er am Zukunftspakt für die Kernmarke Volkswagen Pkw. Müller schob den "Sedric" auf die Rampe, das Projekt eines autonom fahrenden Großraumvehikels.Müller ging auf die Mitarbeiter zu. Müller sorgte zu Beginn des laufenden Jahres – wieder war es in Detroit - für beträchtliches Aufsehen. Und im Fahrstuhl nach oben wie nebenbei für Heiterkeit.