„Jammern ist des Kaufmanns Gruß“, heißt es auch bei Autohändlern. Angenehm überrascht war ich deshalb, als mir jüngst der Chef einer großen Handelsgruppe sagte, derzeit laufe alles gut – außer Opel. Das deckt sich mit der Nachrichtenlage. Die Verkäufe von Vauxhall in UK sind so dramatisch eingebrochen, dass sogar das Werk in Ellesmere Port auf der Kippe steht. In Eisenach wurde gerade, in Rüsselsheim wird kurzgearbeitet. Denn die Tageszulassungen sind ausgereizt und die Vertriebskanäle dicht. Der Absatz vieler Opel-Modelle ist nur noch mit hohen Rabatten am Laufen zu halten. Der allseits gelobte und viel prämierte Astra konnte nicht einmal aus den Problemen in Wolfsburg Kapital schlagen. Im Gegenteil, 2017 ist der Absatz europaweit gegenüber Vorjahr prozentual zweistellig gesunken.
Bis zum vergangenen Jahr ließen sich bekanntlich viele Probleme auf die amerikanische Mutter schieben. Der Einbruch des russischen Markts 2015 und der Brexit 2016 dienten als nachvollziehbare Begründungen, warum Opel in diesen Jahren wieder kein Geld verdienen konnte. Doch heute ist die Situation eine andere. PSA taugt noch nicht für den schwarzen Peter, und die Märkte in Europa brummen. Opels Probleme müssen tiefer liegen. Ist es vielleicht doch dieMarke selbst? „Umparken im Kopf“ war gut gemacht, aber teuer. Zählbares hat die Kampagne offensichtlich nicht gebracht.
Das Motto beim Sanierungsprogramm PACE kann für Opel-Chef Michael Lohscheller deshalb nur lauten: Ausparken, beim Genfer Automobil-Salon und auch bei den anderen Kostenblöcken. Neu einparken bei der Vertriebs- und Preispolitik, genauso wie bei der Standardisierung von Prozessen und Modellen. Die Gewerkschaften haben allerdings noch ihre Hausaufgaben beim Umparken im Kopf zu machen. Denn wo nichts erwirtschaftet wird, lässt sich weder etwas verteilen noch aus PACE ein „Peace“ machen, gleich wie vehement Betriebsrat und IG Metall das jetzt auch fordern. Erfolg ist das Einzige, was Opel und seine Mitarbeiter schützt. Damit liegt PSA-Chef Carlos Tavares sicherlich richtig.
Lesen Sie auch:
Jobangst bei Opel und Vauxhall
Opel ersetzt Leiharbeiter durch Mitarbeiter aus Polen
Marketingdirektor: Christian Löer verlässt Opel
Opel-Chef Lohscheller: "Sind auf vielen Märkten zu günstig"
Wo die Tarifverhandlungen zur Nebensache werden: Bei Opel wird um jeden Arbeitsplatz gerungen