Bei ihrem Versuch, in Europa Fuß zu fassen, scheiterten Landwind und Brilliance beim Crashtest sprichwörtlich an der "Großen Mauer". Qoros machte es technologisch besser, hatte aber schlicht vergessen, dass man für den Verkauf von Autos auch Händler braucht. Aber das ist Vergangenheit. Chinesische Autos werden nach Europa kommen. Drei Gründe sprechen dafür: Zum Ersten bilden Kapitalverflechtungen wie bei PSA und Dongfeng oder Volvo und Geely eine hervorragende Basis für den Know-how-Transfer beim Autobauen. Zum Zweiten sind chinesische Investoren bei Technologieunternehmen auf Shopping-Tour, wie jüngst bei Kuka und Carcoustics. Und zum Dritten, und das ist wohl der wichtigste Grund, verändert der digitale Fortschritt die Spielregeln für einen Markteintritt.
Das eben vorgestellte Mid-size-SUV von Geelys neuer Automarke Lynk & Co ist nicht einfach ein weiteres hochgebocktes Stück Blech auf 18-Zöllern. Ordentlich gemacht, wird das Auto ab 2018 die Stückzahlen einiger traditioneller Marken in diesem Segment gewiss ein wenig reduzieren. Doch die eigentliche Stärke der neuen chinesischen Marke liegt im digitalen Konzept, das den einen Schritt weitergeht: nicht nur teilen – sondern teilen und besitzen. Denn das Modell 01 vernetzt sich mit dem Zuhause genauso wie mit anderen Fahrern dieser Marke. Nicht weniger progressiv ist das Vertriebskonzept: Gekauft oder geleast wird im Internet, angeschaut und gewartet bei Volvo.
Chinesische Unternehmen kennen keinen Mangel an digitalaffinen Mitarbeitern. Sie brauchen keine Start-ups, um denken zu lassen. So auch Lynk & Co, wo sich Geely-Frontmann und Lynk & Co-Chef Alain Visser für das neue Geschäftsmodell lediglich starke Partner ins Boot geholt hat, mit Ericsson, Alibaba und Microsoft. Auf meine Frage zu Lynk kommt sofort die tadelnde Antwort "Das heißt Lynk & Co!" Entschuldigen Sie, Herr Visser, dass ich das so wichtige "Collaborate" vergessen habe. Ich werde wohl dazulernen müssen, was chinesische Marken betrifft. Aber ich fürchte, das werden wir alle.
Übrigens: Neben Dieter Zetsche, Volkmar Denner und Burkhard Weller gehört auch Alain Visser zu den Referenten auf dem Automobilwoche Kongress 2016. Mehr erfahren