Stellantis hat europaweit alle Verträge seiner Vertriebspartner und Markenwerkstätten zum Juni 2023 gekündigt. Für den viertgrößten Automobilkonzern ist das ein idealer Zeitpunkt, um die Vereinbarungen über alle 15 Marken zu vereinheitlichen und der nächsten europäischen Gruppenfreistellungsverordnung 2023 schon vorzugreifen. Der noch größere Vorteil aber ist, dass Stellantis die Zeit nutzen kann, um ein stringentes Vertriebsmodell zu entwickeln. Wir werden sehen, ob man sich in Paris für das zweigleisige Modell entscheidet, E-Autos direkt über den Hersteller und Fahrzeuge mit herkömmlichen Antrieben wie bisher über den Händler zu vertreiben. So wie es Volkswagen jüngst für alle batterieelektrischen Modelle fast aller Konzernmarken auf dem Europäischen Händlerkongress bekannt gegeben hat. Die Frage, ob dieses Agenturmodell für alle anderen Fahrzeuge kommen wird, wird in Wolfsburg vehement verneint. Angeblich wird daran schon gearbeitet. Denn diese Zweigleisigkeit frisst Ressourcen. Sowohl beim Hersteller als auch in den Partnerbetrieben.
Der Umbruch im Retail wird weitergehen. Balsam auf die Seele der Autohändler kann deshalb nicht schaden. Wenn Volkswagen jetzt das mit rund 200 Millionen Euro größte Unterstützungsprogramm aller Zeiten für den deutschen VW-Handel verkündet, entfaltet das mediale Wirkung. Linear runtergerechnet sind das für den einzelnen Handels betrieb rund 80.000 Euro im Jahr – für Logo und Showroom, elektrische Werkstattersatzwagen sowie die erforderlichen Schulungen für Onlinevertrieb, IT und E-Mobilität. Der VW-Handel wird zu diesem Pflaster nicht Nein sagen. Doch ob dieses Goodwill-Programm den nötigen Rückenwind verschafft für das erwünschte neue Kundenerlebnis, inwieweit es das Autohaus digitaler macht und selbstständige Unternehmer wirklich motiviert, wird sich zeigen. Denn eine Frage wird noch länger diskutiert werden: Ist das alles vom Kunden her gedacht oder doch von den Kosten? Also inwieweit entspricht die neue "Journey des Autobauers" auch wirklich der "Customer Journey"?
Lesen Sie auch:
VW steckt 200 Millionen Euro in den Handel
Stellantis-Marken kündigen Vertriebs- und Serviceverträge
Aus dem Datencenter: